Borco Höhns – mit Verkaufswagen zurück auf der Überholspur

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    Rotenburg. Deutschlands größter Hersteller von Verkaufsfahrzeugen, Borco Höhns aus Rotenburg, sieht sich nach einer im Jahr 2019 in Eigenverwaltung erfolgreich überstandenen Insolvenz auf einem guten Weg. Der bilanziellen Sanierung folgte die operative, ein bereits vorher beteiligtes norddeutsches Familienunternehmen ist nun Hauptgesellschafter und unterstützt den Kurs der neuen Geschäftsleitung um den kaufmännischen Leiter Gerrit Volger, den technischen Leiter Klaus Meyer und Vertriebsleiter Carsten Götz. Das Trio besinnt sich dabei wieder auf die jahrzehntelange Stärke – statt wie zwischenzeitlich auf weiße Massenware von der Stange nach industrieller Logik zu setzen, stehen bei der Fahrzeugmanufaktur wieder hochgradig individualisierbare Kundenfahrzeuge im Mittelpunkt. „Borco Höhns ist das Original“, sagt Gerrit Volger selbstbewusst auch mit Blick auf die Konkurrenz, „Borco Höhns ist die Premiummarke am Markt.“

    Dabei hätten die äußeren Rahmenbedingungen für den Neustart des mittelständischen Unternehmens mit einem Jahresumsatz von knapp 35 Millionen Euro und seinen rund 240 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter immerhin 20 Auszubildende, durchaus etwas freundlicher sein können: Denn erst sorgte Anfang 2020 die weltweite Coronapandemie für Turbulenzen auf den Weltmärkten und in der Folge für unterbrochene Lieferketten, dann brachte im Februar 2022 Putins Einmarsch in der Ukraine zusätzliche Unsicherheit und ließ unter anderem die Energiekosten in unerwartete Höhen schnellen. Mittlerweile habe sich die Situation bei Borco Höhns‘ Fahrzeuglieferanten Renault und Fiat wieder etwas verbessert, blickt Gerrit Volger wieder entspannter als noch vor ein paar Monaten auf die zwischenzeitlich ins Stottern geratene Versorgungslage. Spätestens im April, so hofft Vertriebsleiter Carsten Götz, sollte sich die Situation bei den Franzosen ebenso wie bei den Italienern endgültig verbessert haben.

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    Borco Höhns lieferte zuletzt rund 400 Verkaufsfahrzeuge in ganz Deutschland und großen Teilen Europas aus, zwei Drittel davon sogenannte Selbstfahrer auf Basis von umgebauten Renault- und Fiat-Fahrgestellen, ein Drittel Anhänger. Letztere gibt es ab etwa 50.000 Euro, Selbstfahrer starten bei rund 70.000 Euro, je nach Ausstattung und Kundenwünschen können aber auch schnell mal sechsstellige Beträge für die in Handarbeit gefertigten hochmodernen rollenden Geschäftsräume aufgerufen werden. Borco Höhns als Branchenprimus setze auf höchste Funktionalität, Zuverlässigkeit und Werthaltigkeit – denn hochwertige Verarbeitung steht bei dem Manufakturbetrieb, bei dem vor allem individuelle Fahrzeuge handwerklich gefertigt werden, an oberster Stelle. Das zahle sich dann wiederum in der Zufriedenheit der Kundschaft aus.

    Jenseits der äußeren Bedingungen, auf die man selber wenig bis gar keinen Einfluss hat, hat die Borco Höhns-Geschäftsleitung zuletzt vor allem zwei Themen in den Blick genommen, die helfen sollen, die Wettbewerbsfähigkeit mittel- und langfristig zu sichern: das Thema Energie und das Thema Fachkräftemangel. Die Energiekrise stellt auch Unternehmen wie Borco Höhns vor riesige, aber offenbar auch lösbare Probleme. So fielen 2021 bei einem jährlichen Verbrauch bis zu 700.000 Kilowattstunden Strom beziehungsweise rund 3,2 Millionen Kilowatt für Gas insgesamt rund 300.000 Euro an Energiekosten an, mittlerweile wäre es wohl schon eine Million. Die Antwort der Geschäftsleitung: selber Energie produzieren. Dafür wird ein siebenstelliger Betrag investiert. „Wir geben richtig Geld aus, weil wir es behalten wollen“, erläutert Gerrit Volger die Sinnhaftigkeit der Investition, die sich bereits nach wenigen Jahren amortisiert haben soll. Von dem Geld wird aktuell in zwei Etappen das Dach des Unternehmens gedämmt, so dass allein darüber Heizenergie eingespart werden kann. Durch die Sanierung soll das Dach aber zugleich fit gemacht werden, um anschließend als Träger einer Fotovoltaikanlage zu dienen. Zusammen mit dem neu installierten Hightech-Batteriespeicher, der modular erweiterbar ist, hofft man, zukünftig zu mehr als zwei Dritteln stromautark zu werden.

    Der Fachkräftemangel, der den Verantwortlichen in vielen Branchen Kopfschmerzen bereitet, ist auch bei Borco Höhns ein zentrales Thema. „Viele unserer qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben eher 30 Jahre Berufsleben hinter sich als noch vor sich“, schätzt Volger die Situation ein. Darauf reagiere das Unternehmen zum Beispiel mit einer vergleichsweise hohen Zahl von Auszubildenden, daneben aber vor allem mit dem Anspruch, nicht nur bei den Kunden die Nummer eins, sondern auch in der Region ein sehr guter Arbeitgeber zu sein. Gerrit Volger ist überzeugt, dass Borco Höhns da ein sehr attraktives Paket geschnürt hat, das andere so nicht bieten könnten. Berufliche Erfüllung durch abwechslungsreiche Arbeit sei bei Borco Höhns das Eine, die werde aber zusätzlich durch attraktive Konditionen wie 30 Tage Urlaub, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, einen monatlichen 50-Euro-Tankgutschein, die Möglichkeit zum Dienstradleasing, einen Haustarifvertrag sowie nicht zuletzt flexible Arbeitszeiten auch in der Produktion flankiert. Zu diesem aus Volgers Sicht eh schon „sehr attraktiven Gesamtpaket“ kommt seit vergangenem September noch ein besonderes Sahnehäubchen hinzu: die – wissenschaftlich begleitete – Einführung der viereinhalb Tage Woche. Statt bisher von Montag bis Donnerstag je acht Stunden würden nun 8,5 Stunden gearbeitet, freitags dafür aber nur noch fünf – und jeder zweite Freitag sei frei. Unterm Strich sei das zwar nur eine Reduzierung von 37 auf 36,5 Stunden, allerdings bei gleichem Gehalt, der an sich eher abstrakte Begriff der positiven Work-Life-Balance wird hier aus Volgers Sicht aber durch die Umverteilung von Arbeitszeit mit Inhalt gefüllt. Der Modellversuch laufe noch bis Ende August, weshalb er noch nicht sagen könne, ob man sich bei Borco Höhns auch den Übergang zur Vier-Tage-Woche vorstellen könne. Soviel zumindest scheint sicher: Zurückgedreht wird das Rad wohl kaum. Gerrit Volger: „Eins haben wir nicht im Angebot – und das gilt sowohl für unsere Kunden als auch für unsere Mitarbeiter: immer dasselbe!“

    Fotos: Mark Intelmann

    Sigi Deismann
    Sigi Deismann
    Geboren in Celle, studierte in Hannover Germanistik, Sozialwissenschaften und Psychologie, bevor er fast drei Jahrzehnte als Redakteur des Weser-Kurier in der Lilienthaler Regionalredaktion arbeitete.
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