30:70 Wie das Unternehmen Theater Metronom funktioniert

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    Hütthof. Die Einwohnerzahl auf einen Schlag vervielfachen? Ja, das klappt tatsächlich an nur einem Abend. Dann nämlich, wenn die 100 Plätze im Theater Metronom im 13 Einwohnerinnen und Einwohner fassenden Hütthof belegt sind. Mag der Ort noch so klein sein, hat er doch längst weit über die niedersächsischen Grenzen hinaus einen klingenden Namen. Seit fast zweieinhalb Jahrzehnten ist die Bühne auf einem Bauernhofgelände zu finden. Rund 50 Vorstellungen gibt es dort pro Jahr. Dass künstlerisch eine Menge Arbeit für Karin Schroeder und Andreas Goehrt dazugehört, ist klar – aber was ist mit der unternehmerischen Seite? Mit Kalkulationen, Terminfestlegungen, Instandhaltungskosten, Technik? Arbeitsteilung ist angesagt, damit alles läuft. Die Devise: „Das Unternehmerische muss die Kunst ermöglichen – nicht umgekehrt.“

    Ein großer Holztisch in der Küche. Schauplatz so mancher Diskussion rund um den Theaterbetrieb im Hause Schroeder / Goehrt. Diesmal nehmen die zwei Platz, um der ROW STARK zu berichten, wie sie den Theaterbetrieb Jahr für Jahr erfolgreich wuppen. Karin Schroeder stammt ursprünglich aus Bremen, der Berufswunsch „Schauspielerin“ stand für sie früh fest. Haben ihre Eltern ihr nicht sorgenvoll geraten, „etwas Ordentliches“ zu lernen? Karin Schroeder nickt zustimmend und lacht. Doch sie setzte sich durch und ging ihren Weg in punkto Schauspielerei. Bis Andreas Goehrt dort endgültig angekommen war, machte er einige Umwege – ob etwa mit dem Berufsfeld Elektrotechnik oder mit dem Kapitel Seefahrt. Über den Weg liefen sich die beiden beim Theatertreff in Oldenburg. Sie gab einen Kurs, er nahm teil, es funkte. Das war 1985. Nach einiger Zeit der Plan: Wir starten mit Theateraufführungen in einem mobilen Zirkuszelt. Die Geburtsstunde fürs Theater Metronom. Eine spannende Zeit. „Aber auch geprägt von Blauäugigkeit“, gibt Andreas Goehrt zu. „Hätten wir uns aus unternehmerischer Sicht zu lange einen Kopf gemacht, wäre das Ganze vielleicht gar nicht entstanden und bei der bloßen Idee geblieben.“ Also nicht zu viel grübeln, sondern machen, verbunden mit großen Investitionen. Unternehmerisch lernten die zwei Stück für Stück dazu, etwa in steuerlichen und rechtlichen Belangen – zwangsläufig im tagtäglichen Geschäft. Learning by doing. Dass ein Steuerberater an ihre Seite treten musste, war schnell deutlich. Und die weiteren Aufgaben? Je nach Interessenslage kristallisierten sich automatisch die Schwerpunkte der beiden heraus. Andreas Goehrt kümmert sich etwa gern um die Technik, Karin Schroeder um Künstlerisches. Und natürlich müssen die kaufmännischen Abläufe stimmen.

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    Was wollen wir auf die Bühne bringen, welche Gastspiele können wir realisieren? Entscheidungen fallen nach gemeinsamer Diskussion. Wie auch der Entschluss, 1993 nach Hütthof zu ziehen. Als auf dem Gelände ihre erste Zeltproduktion ein großer Publikumserfolg wurde (Goehrt: „Ich glaube, damals haben wir für den ersten Stau in Hütthof gesorgt“) und sich bald die Möglichkeit ergab, eine zweite Halle auf dem Gelände in Beschlag zu nehmen, fiel die Entscheidung: Das Theater Metronom bekommt einen festen Platz. Mit dem Dezembertheater 1994 nahm die Erfolgsgeschichte bis heute ihren Lauf. „Mit unserer Entscheidung sind wir dem Interesse des Publikums gefolgt“, bekräftigen beide. Planungen für das jeweils kommende Theaterjahr sind früh abzuhaken. Schließlich müssen auch die Gastspiele unter Dach und Fach gebracht und externe Künstlerinnen und Künstler gebucht werden. Rund 50 Termine gibt es Jahr für Jahr in Hütthof. Dazu kommen für Goehrt und Schroeder die Tourneen. Auch aus finanzieller Sicht sind die notwendig, aber es geht um mehr, denn beide wollen vor Ort „nicht im eigenen Saft schmoren“, sondern sich außerhalb zeigen und ausprobieren, Stimmungen einfangen, Erfahrungen sammeln. Nicht jedes Gastspiel, was das Paar sich in Hütthof wünschen würde, ist finanziell machbar. „Da gibt es manchmal Schmerz und Diskussion“, gibt Karin Schroeder zu. Doch oft genug siegen Herz und Kunst und Produktionen werden geholt, „die uns so wichtig sind, dass wir sie unbedingt bei uns haben müssen“. Zahlen hin oder her. Aber der Etat habe Grenzen. Finanziell geht’s Jahr für Jahr ums Neue darum, den Betrieb zu sichern. Gab es schon einmal eine Phase, in der beide hinschmeißen wollten? Sie nicken. Ein kostspieliges Jahr habe damals hinter ihnen gelegen, eine große rote Zahl stand auf dem Papier. „Wir haben hier am Tisch gesessen und überlegt, wie und ob es weitergeht“, erinnert sich Karin Schroeder. Da habe es geklopft, eine ihnen unbekannte Frau kam herein, brachte Blumen und Pralinen vorbei. Gefragt nach dem Grund habe sie geantwortet: „Einfach nur, weil es Sie gibt.“ Für Karin Schroeder und Andreas Goehrt war in dem Moment klar: Es muss weitergehen!

    Probleme wurden bewältigt, Lösungen gefunden – bisher immer. Was gut tut: Nicht nur vom Publikum gibt es Applaus, Karin Schroeder und Andreas Goehrt haben auch den Eindruck, von Politik und Verwaltung als wertvolle Kultureinrichtung Wertschätzung zu erfahren. Finanzielle Unterstützung kommt von der Stadt Visselhövede (aktuell 9.000 Euro jährlich) ebenso wie vom Landkreis (12.000 Euro). Natürlich keine Selbstläufer, Jahr für Jahr muss eine Förderung neu beantragt werden. Dazu kommt das Werben um Landesmittel. Wichtig: korrekte Buchführung. „Wir hatten einmal einen Mitarbeiter des Finanzamtes hier, der war ganz überrascht und sagte ‚Es ist ja alles da, alles geordnet!’“, erzählen die zwei lachend. Gerechnet hatte derjenige möglicherweise in einem Künstlerhaushalt nicht damit, aber die Ablage stimmt eben. Dass alles gut läuft, dazu trägt übrigens nicht nur das Steuerberaterbüro, sondern auch Mitarbeiterin Tomke Heeren ein beträchtliches Stück bei. Bei rund 94 Prozent liegt die Auslastung der Vorstellungen übers Jahr gesehen. Auch 2019 wird es ein hochwertiges Programm geben. Dass das 25-jährige Jubiläum in Hütthof gebührend begangen wird, ist klar. Eine GbR zu führen – wie ist eigentlich das Zeitverhältnis zwischen künstlerischer Arbeit und dem großen Rest? „Schlimmes Thema“, gibt Andreas Goehrt zu. Beide würden sich mehr Zeit für die Kunst wünschen, doch die Realität sieht so aus: 30 Prozent Künstlerisches, 70 Prozent Verwaltung. Und das, obwohl beide beruflich gesehen keinen Acht-Stunden-Tag haben, sondern oft open end arbeiten. Das Metronom versteht sich übrigens nicht nur als Spielstätte, sondern auch als Werkstatt, in der produziert und experimentiert wird, in der Projekte mit Jugendlichen, Kindern und Erwachsenen durchgeführt werden, in der die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen gesucht wird. Ist Theater neben all den anderen Unterhaltungsmöglichkeiten des digitalen Zeitalters noch zeitgemäß? Davon sind Karin Schroeder und Andreas Goehrt überzeugt. Theater sei wichtig, habe eine große gesellschaftliche Aufgabe. Das Erleben von Theater zu ermöglichen, das sehen beide als eine ihrer Aufgaben an. So sind dann auch vormittags Gruppenvorstellungen beim Kindertheater nur mit fünf Euro veranschlagt. Nicht kostendeckend. Das Live-Erlebnis, die Einzigartigkeit des Augenblicks, „das macht den Reiz aus, der bei den Vorstellungen unausgesprochen in der Luft liegt“. Und so entsteht dann auch der Ansatz im Metronom, eben nicht nur reines Unterhaltungstheater auf die Bühne zu bringen, das möglichst viel Geld einbringt, sondern umgekehrt – das Unternehmerische so zu gestalten, dass es die Kunst ermöglicht.

    Jede Menge Theater also im Leben von Karin Schroeder und Andreas Goehrt. Und wenn sie mal abschalten wollen? Dann hilft nicht nur der Spaziergang im Wald, um den Kopf frei zu bekommen, sondern auch ihr mittlerweile gemeinsames Hobby: Gleitschirmfliegen. Wenn die zwei davon erzählen, ist ihre Begeisterung dafür an den leuchtenden Augen abzulesen. Das gleiche Leuchten wie fürs Theater Metronom.

    Fotos: Mark Intelmann und Susanne Beeh

    Wibke Woyke
    Wibke Woyke
    Wibke Woyke schrieb von September 2017 bis Juni 2020 für die STARK.
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