Im Keller von Quick Schuh wurden mit einer kleinen Sportabteilung schließlich die Wurzeln des heutigen Fachgeschäfts gelegt, gemeinsam mit einem seiner Brüder. „Auf 50 Qua- dratmetern startete das Ganze. Klein, aber erfolgreich. Wir waren die ersten in der Region, die damals Nike im Angebot hatten“, berichtet Ingo Lehmann. 1983 übernahm er schließlich das Geschäft allein, legte die volle Konzentration aufs Thema Sport und eröffnete bald sogar noch eine Filiale in Walsrode. Als sich die Möglichkeit ergab, die Immobilie Große Straße 13 in Rotenburg zu kaufen, schlug Ingo Lehmann zu. „Quasi gekauft ohne Geld“, erinnert er sich und so vermietete er den Standort erst einmal komplett, um Kohle hereinzuholen. Anfang der 90er-Jahre dann der Umbau der gekauften Immobilie und der Umzug. Zunächst fand noch ein Pizza- bäcker Unterschlupf in dem Haus, später brauchte das Sportgeschäft mehr Platz und nutzt seitdem den Standort allein. Im 50-Quadratmeter-Keller gestartet, hat Ingo Lehmann nun rund 300 Quadratmeter zur Verfügung. Wer etwas über Sport wissen will – Ingo Lehmann kennt Antworten. Und zwar nicht nur aus der Theorie, sondern aus der Praxis. Fuß-, Basket- und Volleyball, Tischtennis, Leichtathletik, Judo, Karate, Inlinerfahren, Skilaufen, Tauchen – alles hat er mit Spaß bereits ausprobiert. Nicht zu vergessen: Ultimate Frisbee, darin war Ingo Lehmann in den 80er-Jahren dreimal Deutscher Meister und sogar Spielführer der Nationalmannschaft. Squash, das gibt er zu, sei nicht so sein Ding. Und dann ist da natürlich noch Tennis. Auf Guadeloupe bekam Ingo Lehmann einen Schläger in die Hand, spielte und nahm sich vor: „Das machst du in Deutschland auch.“ Mit 30 begann er, im Verein aufzuschlagen und ist seither auf den Plätzen des TC Grün-Weiß Rotenburg zu finden. „Das Klima im Club ist super. Und Tennis ist für mich der schönste Sport.“ Wie ehrgeizig er ist? „Gewinnen will ich natürlich immer – mache ich aber nicht. Der Spaß steht im Vordergrund.“
Die Begeisterung für Sport –genau die möchte Ingo Lehmann nämlich weitergeben. „Das macht mir Freude“, bekräftigt er. Und nicht nur er schaut den Leuten auf die Füße und analysiert, welche individuelle Passform wohl die beste wäre, auch die komplette Belegschaft ist mit Leidenschaft bei der Sache. Davon ist der Chef überzeugt. „Auf das Team kann ich mich verlassen, das weiß ich.“ Auch ein Grund dafür, dass er entspannt in den Urlaub fährt, den Kopf frei, ohne sich um den Laden zu sorgen. Ständig sorgenvolle Anrufe in die Heimat? Fehlanzeige! Ingo Lehmann kennt andere Beispiele aus der Geschäftswelt, Kolleginnen und Kollegen, die auch aus dem Urlaub heraus die Geschicke des eigenen Betriebs lenken. Bei ihm, erzählt er, ist das anders, er gibt die Verantwortung ab – und das funktioniert. „Ich will schließlich auch leben, nicht nur arbeiten. Und mein Team ist super.“ Irgendwann einmal bereut, den Weg in die Selbstständigkeit gegangen zu sein? Ingo Lehmann schüttelt den Kopf. „Sicher gab es Phasen, die schwierig waren.“ Gerade zum Start, wenn die Bank im Nacken sitzt. „Aber bereut? Nein!“ Bedrückt die Konkurrenz aus dem Internet? „Vor fünf Jahren hätte ich überlegen müssen, ob ich jemandem empfehlen würde, ein lokales Sportgeschäft zu führen“, erklärt Ingo Lehmann. Zu ungewiss sei gewesen, wie negativ sich das Kaufen im World Wide Web auf das eigene Geschäft auswirken werde. Tatsächlich seien Kunden auch mal „fremdgegangen“, haben online bestellt. „Es sind aber auch einige davon reingefallen“, weiß Ingo Lehmann. Schlechte Passform oder der Kauf von gefälschten angeblichen Markenartikeln hätten für das nötige Lehrgeld gesorgt. Heute habe sich die Lage beruhigt. Beratung und Service – der Inhaber ist überzeugt, damit zu punkten. „Die Leute wissen das zu schätzen.“ Übrigens hat aber auch er schon einmal den Schritt ins Internet gewagt. Allerdings vor dem großen Internet-Kauf-Hype. „Ich hatte damals mit viel Aufwand einen Shop im Internet aufgebaut. Ich glaube, ich habe nur eine einzige Bestellung hereinbekommen. Ich war einfach zu früh dran.“ Und so wird es in naher Zukunft einen solchen Shopversuch nicht noch einmal geben. Zumal Ingo Lehmann weiß, wie viel Ärger Onlinehändler zudem mit Rücksendungen haben. Eine Erfahrung, auf die er gern verzichtet. Sehr wohl nutzt er online aber soziale Medien, um auf sein Geschäft aufmerksam zu machen. Rundgang durch den Geschäftsraum. Sportschuhe, natürlich, die Auswahl ist immer noch sehr groß. Dauerbrenner über all die Jahre? „Nike und Adidas.“ Aber auch neue, qualitätvolle Marken nimmt Ingo Lehmann gerne auf. Wie auch der Sport selbst, müsse Mode einfach Spaß machen. „Alles, was ich anhabe, stammt hier aus dem Laden“, erklärt er an sich herabblickend. „Inklusive Unterwäsche!“ Und so finden Kundinnen und Kunden auch Jacken, Jeans, Badebekleidung, Socken und jede Menge mehr. Sportgeräte natürlich nicht zu vergessen. Und auch die Maschine fürs Tennisschläger-Bespannen fehlt nicht. Wie entdeckt er Trends? Auf Messen schaut sich der Chef ab und zu um, nimmt Händlerempfehlungen an, verlässt sich aber vor allem auch auf sein Gespür und die Meinung des Teams. „Und der Erfolg gibt uns recht.“
Mit der Lage in der Rotenburger Innenstadt ist Ingo Lehmann übrigens sehr zufrieden. „Es gibt ein funktionierendes Umfeld, dazu viele Parkplätze. Das passt.“ Was passt, ist auch die Zukunft von Sport Lehmann. „Die steht dort“, sagt der Chef mit einem Kopfnicken Richtung Verkaufstresen. Sohn Grischa, 27, steht bereits in den Startlöchern. Was er mit der heutigen Erfahrung seinem jüngeren Ich empfehlen würde? „Spaß am Leben haben, Freizeit und Urlaub genießen, sich nicht bis 22 Uhr ins Geschäft stellen.“ So handhabe er es seit jeher für sich selbst. Drei Begriffe, die ihn charakterisieren? Ingo Lehmann grübelt kurz. „Ausgeglichen. Sportlich. Mit Lust aufs Leben.“ Noch einmal überlegt und das abschließende Nicken: „Ja, das bin ich.“
Fotos: Mark Intelmann