Er ist einer, der sich voller Optimismus „in die Oldtimer-Nische hineinspezialisiert“ hat. Die Idee keimte, als Walther Mitte 20 war und seine Lehre zum Landmaschinenmechaniker beendet hatte. „Ich wollte ein altes Fahrzeug zum Wohnmobil ausbauen, eine Magirus-Feuerwehr von 1961. Aber bei der Suche nach Ersatzteilen bin ich an meine Grenzen gestoßen.“ Also fing er an, die nötigen Teile selbst herzustellen. Aus dem Hobby entwickelte sich zunächst ein Neben-, im März 2000 dann der Vollerwerb. Als One-Man-Show startete der Jungunternehmer in seiner Scheune. „In meinem Umfeld haben damals viele den Kopf geschüttelt“, sagt Walther, „aber ich habe immer an meinen Weg geglaubt.“ Und die Idee funktioniert: Heute zählt der Betrieb zwölf Mitarbeiter. 2002 wurde die große Werkhalle gebaut, 2014 folgte der Umbau der Scheune, wo seitdem die Zerspanungsarbeiten erledigt werden: das Drehen, Fräsen und Schleifen. „Ganz konventionell, in Handarbeit.“ Karosserie, Bremsen oder Anlasser, Kupplung, Griffe oder Leuchtmittel: Was fehlt, wird hergestellt. Lediglich Lack-, Sandstrahl- und Polsterarbeiten hat die Firma nicht im Portfolio.
Arbeit gibt es genug. Aus ganz Europa kommen Aufträge, meist landet das defekte Autoteil per Paketdienst in Stapel. 2018 war sogar eine Zustellung aus Japan dabei. In umgekehrter Richtung schickte Walther einen neuen Bremskraftverstärker für einen BMW 1600 aus den 60er Jahren auf die Reise. Die Kunden sind es, die „in der Werkstatt für Genießer“ den Unterschied machen. Es sind überwiegend Liebhaber. Menschen, die eine innige Beziehung zu ihrem Fahrzeug hegen und eine Menge in Kauf nehmen, um es zu erhalten. „Sie freuen sich, dass es uns gibt“, sagt Walther. Freude, die empfindet auch er. Der Reiz, Unikate auszutüfteln, hat sich bis heute noch nicht abgenutzt. „Eigentlich sind wir Archäologen“, sagt Walther. „Bei der Demontage eines Bauteils suchen wir nach Schäden und fragen uns, wie sie entstanden sein könnten.“ Dann beginnt die Herstellung des Ersatzteils, das Rekonstruieren und Neu-Erfinden. Oft muss eine Gussform gezeichnet und in Auftrag gegeben werden. Und immer wieder kommt es vor, dass erst im zweiten oder dritten Durchlauf das Einzelstück auch wirklich sitzt. „Dafür ist es mitunter sogar besser als das Original.“
Dieser Aufwand hat seinen Preis. Walther gibt zu: Mit Kunden „über Geld zu philosophieren“, das könne manchmal schmerzhaft sein. „Aber ich führe solche Gespräche intuitiv, nicht nach BWL-Studium. Das hat viel mit Vertrauen zu tun: Der Auftraggeber sagt, was er bezahlen kann, und ich sage, wie weit wir damit kommen.“
Apropos weit gekommen: Ob japanische BMW-Liebhaber und Stuttgarter Unimog-Besitzer auf den Zwölf-Mann-Betrieb in Stapel aufmerksam werden, hängt viel vom Einfallsreichtum des Geschäftsführers ab. Messestände und Präsenz in zahlreichen Fachzeitschriften gehören zum Pflichtprogramm. Darüber hinaus gilt es, immer wieder neue potentielle Zielgruppen aufspüren. „Ich bin eigentlich ständig kreativ“, sagt der ehemalige Waldorf-Schüler. Hilfe bekommt er von Ehefrau Mana-Massalina, die sich um Anzeigengestaltung und Dokumentation kümmert. Und zur Entspannung? „Da zieht es einen aufs Wasser“, verrät Walther. Am liebsten mit der eigenen Jolle auf der Ostsee, „mit dem Hintern im Wasser. Da spürt man das Wetter und die Elemente. Vorher muss ich mir natürlich die Finger waschen. Sonst gibt’s ’ne Ölspur im Wasser.“
Fotos: Mark Intelmann