Es gibt nur eine Richtung: vorne. Wolfgang Reichelt

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    Verden. Was ihn treibt? Das ist er, einfach nur er und weil er weiß, dass er es kann. Genug ist ihm nie genug. Denn für Wolfgang Reichelt, Inhaber und CEO der Block Transformatoren-Elektronik GmbH Verden, gibt es nur eine Richtung und die ist vorne. Von Zuhause habe er nichts mitgekriegt, sagt der 79-Jährige, aber er wusste immer, dass er es schafft. Was er hatte, war eine gute Ausbildung, die er bei der Firma Block erhielt, eine besondere Befähigung, Glück und den lieben Gott, fasst er sein Erfolgskonzept zusammen. Über seine Triebfeder aber hat er sich nie Gedanken gemacht. „Geld war es jedenfalls nicht“, sagt er voller Überzeugung. „Wissen ist Macht“, das sagt er auch. Und darum liegen auch heute noch täglich sieben Zeitungen aus dem In- und Ausland auf seinem Schreibtisch. Schon immer faszinierte den gelernten Radio- und Fernsehtechniker die Elektronik. Jetzt ist er die Nummer eins und führt ein weltweit operierendes Unternehmen der Elektrotechnik mit 1.200 Beschäftigten an 38 Standorten. 

    Die Anfänge sahen allerdings ganz anders aus. Das Transistorradio, das er für Nordmende innerhalb der angegebenen Grenzkosten für ganze 69 DM entwickelte, wurde in Japan produziert und nicht in Deutschland gebaut. Das war für Wolfgang Reichelt ein deutliches Zeichen, dass es Zeit wird, sich umzuorientieren. Die Erkenntnis, dass „braune Ware“ keine Zukunft hat, trog ihn nicht. „Es ist genauso gekommen“, sagt der Verdener Unternehmer heute. Reichelt arbeitete als Lehrer, Filmvorführer, absolvierte Lehrgänge, studierte Elektrotechnik, schloss mit dem Ingenieur Fachrichtung Nachrichtentechnik ab und dann kam Margarethe Block. Mit 31 Jahren übernahm er deren Verdener Firma. „Ich konnte ja gar nicht anders.“ Die Firma hatte kein Geld, kein Kapital, alte Maschinen und zehn Angestellte in einem kleinen, alten Gebäude. Und damit hatte Wolfgang Reichelt zwei Kinder und Frau Block an der Hacke, sagt er schmunzelnd. Er arbeitete Tag und Nacht, um das Geld zusammenzuhalten. Aber die Sparkasse glaubte an ihn und schon 1973 errichtete er auf dem Gelände „An der Kleinbahn“ einen Neubau und stockte die Anzahl seiner Mitarbeiter auf 50 auf. Neun Jahre später baute er die nächsten Hallen, 2007 zog das Verdener Unternehmen in das Industriegebiet an der Max-Planck-Straße mit mehr als 30.000 Quadratmetern Produktionsfläche und hat damit zwei Standorte in Verden. Selber hat er viel gelernt im Leben. „Das ist doch faszinierend, völlig neue Produkte zu entwickeln.“ Auch heute noch ist es ihm nie genug. „Was habe ich alles umgedreht in meinem Leben“, resümiert er. Alte Regeln im Normenkomitee ließ er nicht stehen, alles musste anders gemacht werden, er ordnete Wahl- und Geschäftsordnungen neu. „Und jetzt ist Ruhe im Verband.“ Sind es in Rüsselsheim die Opelaner, sind es in Verden die Blockaner, die sich mit der Unternehmensphilosophie des Unternehmens der Elektrotechnik identifizieren. Nie aber hatte Wolfgang Reichelt die Idee, aus Block Reichelt zu machen. Der Grund dafür ist so simpel wie überzeugend. Denn im Alphabet steht B immer vor R und der Name Block wird in keiner Sprache zu einem Stolperstein. Was will man mehr für ein international operierendes Unternehmen. Demnächst hat er weitere 100.000 Mitarbeiter, erzählt Wolfgang Reichelt zufrieden schmunzelnd. Denn die Block-Bienen sind bienenfleißig und produzieren Honig, der in Gläser abgefüllt zukünftig als Gastgeschenk auf der Hannover Messe überreicht wird. 100 Kinder wurden schon in der 2012 gegründeten betriebseigenen Kinderkrippe von Block groß, die für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie steht. Denn die Zufriedenheit der Mitarbeiter spielt für Reichelt, als Unternehmer vom alten Schlag eine wichtige Rolle. Dass er den Nerv mit seiner Denkweise trifft, beweisen Zahlen. 30 Prozent aller Mitarbeiter wurden von Block selbst ausgebildet. Im Laufe seiner Lehrtätigkeit, zuletzt an der TU Berlin, stellte er fest, dass seine Lehrlinge besser seien als die Studenten.

    „Es gibt zwei Arten von Unternehmen“, sagt Wolfgang Reichelt, “Die Schnellen und die Toten.“ Ganz klar, Block gehört zur ersten Kategorie. Oft ist es nur ein Kopfnicken von Reichelt und die Entscheidung ist gefallen. So schnell geht das. Mit 30 Jahren wusste er noch nicht, dass er 50 Jahre später einer der Global Player im Bereich Transformatoren, Elektronik und Netzqualität ist. Relativ früh allerdings stellte sich raus, dass Block „perfekte Spannung“ in die USA bringen muss. Im Jahr 2000 wurde Block USA gegründet. Und weil es ihm in Amerika nicht gefiel zu mieten, kaufte er kurzerhand das Gebäude. Auch in Asien wollte das Verdener Unternehmen selber produzieren. Befürchtungen über Geheimnisverrat gab es nie, obwohl eine Menge Know-how drinsteckt, sagt Reichelt. Heute gibt es eine Produktionsstätte in Kunshan. Eigentlich benutzt jeder jeden Tag ein Gerät von Block, da es kaum einen Bereich gibt, in dem keine Block-Produkte enthalten sind. „Sie sind überall, weil wir überall Strom haben“, so die kurze und prägnante Erklärung vom Chef. Als wäre es nicht schon genug, gibt es da noch eine lange Liste von Ämtern und Mitgliedschaften, die Wolfgang Reichelt innehat. Sie reichen vom Obmann des Deutschen Normen-Komitees für Transformatoren über den Präsident des URV – Unternehmensverbands Rotenburg-Verden, Vorsitzender der Landesstelle Niedersachsen und Mitglied im Vorstand des ZVEI, Vorstandsmitglied im Ausstellerbeirat der Deutschen Messe AG bis hin zum Mitglied der Kommission Mittelstand KOMMIT im DIN. Und dann folgen noch die Auszeichnungen. Er ist Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande, des Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und des Niedersächsischen Verdienstkreuzes, Inhaber der Goldenen Ehrennadel des LIV, wurde mit dem Lord Kelvin Award ausgezeichnet und bekam die DKE-Nadel für herausragende Leistungen in der elektrotechnischen Normungsarbeit. In allen Verbänden hat er gute Leute. „Die machen die Arbeit für mich.“ Die Entscheidungen aber trifft er und er trägt die Verantwortung. Trotz allem kann er abgeben, sagt er. Wenn er das nicht könne, säße er nicht hier. Reichelts Arbeitstag beginnt um 9 Uhr morgens und er arbeitet solange bis sein Schreibtisch leer ist. Dann setzt er sich mit seiner Frau und einer Flasche Bier an seinen See. Oder er spielt Gitarre oder singt im Verdener Männerchor, in dem er aufgrund seiner Lautstärke auch tonangebend ist.

    Und dann gibt es die nächste Liste voll mit sozialen Projekten, die er gemeinsam mit Ehefrau Marlis unterstützt wie die von ihm gebaute Cafesitobar Rotenburg, die Lebenshilfe Rotenburg-Verden, die er seit 30 Jahren mit Arbeit beliefert, er baute das Verdener Tafelhaus, nahm die Verdener Domfestspiele in die Hand, hat den Vorsitz im Wirtschaftsförderkreis Domherrenhaus und unterstützt die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger GzRS, kümmerte sich um eine Lautsprecheranlage im Verdener Dom und gründete den Förderkreis Aller-Weser-Klinik. Bei der Frage nach seiner Freizeit atmet er tief ein. „Ich habe doch einen tollen Job, mehr kann man nicht erleben“, sagt der Unternehmer. Er reise nicht ausschließlich dorthin, wo er zu tun hat. Aber an seinen „freien“ Tagen ist er dort trotzdem in Sachen „Beruf“ unterwegs. Überall, sogar während der Kreuzfahrt auf einem Ozeanriesen, begegnen ihm seine Produkte. „Ich höre auf, wenn ich das Büro mit den Füßen voran verlasse“, sagt er pragmatisch. Die Firma will er in eine Stiftung oder Aktiengesellschaft überführen. Wichtig ist es ihm, dass Firma und Arbeitsplätze erhalten bleiben, denn Geld brauche er nicht. „Man lebt sich auch satt“, sagt er nüchtern. Sehen müsse er nichts mehr, aber vielleicht mache er noch eine Firma in Vietnam auf.

    Sabine von der Decken
    Sabine von der Decken
    Geboren 1957 in Nordrhein-Westfalen, Studium der Diplom-Biologie in Bremen und Oldenburg. Seit mehr als 20 Jahren freie Mitarbeiterin Weser Kurier Bremen, arbeitet zudem für Fachmagazine wie Land und Forst und Gartenbauprofi.
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