Verdener Bier – In Verden braut sich was zusammen

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    Verden. Das weiß heute wohl kaum noch jemand: Bier war seit dem Mittelalter ein Alltagsgetränk, das – verdünnt – sogar an Kinder ausgeschenkt wurde. Kein Wunder, war es doch durch den Brauvorgang deutlich keimärmer als das oft verunreinigte Brunnenwasser. Die Verdener Bischöfe betrieben am damaligen Stiftshof gar eine eigene Brauerei, noch vor 200 Jahren gab es in Verden 62 Brauereien, die Biersteuer war die Haupteinnahmequelle der Stadt. 1921 aber machte das letzte Brauhaus dicht. Im kleinen Stil, aber mit großem Enthusiasmus wollen der Lebensmittelingenieur mit Brauerfahrung Richard Schulte, der Lebensmittelchemiker Eberhard Walther und der Marketingfachmann Rolf Zepp mit ihrem handwerklich hergestellten Verdener Craft Bier an diese Tradition anknüpfen – und haben mit ihrem privaten Start-up für die studierte Hotelmanagerin Kerstin Junge, die die Verdener Brau Manufaktur als Geschäftsführerin leitet, ganz nebenbei auch noch einen Vollzeitjob geschaffen.  

    Eigentlich ist Bierbrauen eine ganz einfache Sache – könnte man meinen. Sind doch die Zutaten spätestens seit Anfang des 16. Jahrhunderts und gemäß dem deutschen Reinheitsgebot immer die gleichen: Wasser, Hopfen, Malz und Hefe. Aber wie so oft, so gilt auch beim Bier: Die Mischung macht’s. Zwar wusste schon Wilhelm Busch: „Auch Wasser wird zum edlen Tropfen, mischt man es mit Malz und Hopfen“. Doch als Brauer sollte man schon eine etwas genauere Vorstellung davon haben, warum man wann was womit zusammenschüttet, warum die Mischung mal auf 60, dann wieder auf 70 Grad erhitzt wird und wann sie – wie beim obergärigen Verdener Bier – auf 18 Grad heruntergekühlt werden muss, bis es dann zwischen 5 und 8 Grad gelagert wird.

    Zum Glück reicht es aber, wenn das der gebürtige Münchner und Brauer Richard Schulte, der seine Ausbildung in Weihenstephan absolvierte, und mittlerweile mit ihm seine lernwilligen Mitstreiter wissen. Und auch, wann in diesem eben gar nicht so einfachen Prozess Exoenzyme und wann Endoenzyme ins Spiel kommen und was Mono-, Di- und Tri-Saccharide dazu beitragen, aus Wasser, Hopfen, Hefe und Malz einen „edlen Tropfen“ zu machen.

    Foto: Arne von Brill

    Und edle Tropfen sind die Verdener Craft Biere fürwahr – das bernsteinfarbige German Pale Ale mit Namen Domher­ren Stolz, aktuell mit einer Ingwer Note, das vollmundig süffige Red Amber Ale namens Roter Dompfaff sowie der Schwarze Hengst, das dunkle Stout Bier mit seinen Kaffee- und Bitterschokoladearomen. Kräftig ist jedes der drei Verdener Craft Biere, doch nicht darauf deutet der englische Begriff Craft, sondern auf die handwerkliche Produktionsweise. Tatsächlich einer Bierlaune folgend, startete das experimentierfreudige Verdener Trio seine private Brauerkarriere zunächst zu Hause mit einem umfunktionierten 20-Liter-Einkochtopf. Schnell zeigte sich: Ihr Einfall, nicht nur einen simplen Durstlöscher, sondern ein Genussbier zu kreieren, war alles andere als eine Schnapsidee.

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    Schon bald ging es aus der heimischen Küche in die Häsefelder Brauerei nach Daverden, doch auch diese Zwischenstation ist nun schon wieder Geschichte. Genauso wie die Lagerung der ersten Craft-Bierfässer im Gewölbe des Historischen Verdener Museums. In den gleichmäßig 10 Grad kühlen Keller hatte Museumsleiter Björn Emigholz die drei Brauer Anfang 2020 eingeladen, der sich damals freute, den Museumskeller wieder seiner wahren Bestimmung zuführen zu können.

    20, 50, 70 Liter, das waren die Etappen, die die drei Privatbrauer zurücklegten, bevor – mitten in der ersten Corona-Phase – Ende Juni 2020 die nächste Stufe der Erfolgsstory erreicht war. Am Rande der beschaulichen Verdener Altstadt – Obere Straße 24, dort, wo früher Schuhe geflickt wurden und eine Galerie für Hingucker sorgte – eröffnete das Brauertrio zusammen mit Kerstin Junge ihre Verdener Brau Manufaktur mit Schau- und eigenem Kühlraum sowie einem charmanten Verkaufslädchen. Und hier läuft bisher alles nach Plan… und läuft und läuft und läuft – so dass die Verdener Brauer mit derzeit 800 Litern pro Monat fast schon an ihre Kapazitätsgrenze stoßen. Dass es trotz, vielleicht sogar wegen Corona ein gelungener Start war, erklärt Kerstin Junge im Rückblick damit, dass die Menschen, als plötzlich alles stillstand und kaum jemand wegfuhr, es sich zu Hause gemütlich machten und sich dort etwas gönnten.

    Genießen, gerade auch in schwierigen Zeiten – das Verdener Craft Bier mit seinen sieben bis acht Prozent Alkoholgehalt macht’s möglich. Entgegen der deutlich kürzeren Reifezeit der Industriebiere gilt für das Craft Bier von der Aller schließlich: Gut Ding will Weile haben – und so vergehen schon mal zwischen vier und sechs Wochen, bis das bernsteinfarbene oder auch mal ins Rötliche schimmernde Nass die richtige Reife hat. Ab Woche drei im handwerklichen Produktionsprozess schauen Schulte, Walther und Zepp immer wieder nach, ob der Alkoholgehalt stimmt und vor allem auch, ob der Geschmack sich richtig entwickelt. „Und wir geben es nicht raus, wenn es nicht so ist, wie wir es uns vorstellen“, beschreibt Eberhard Walther den hohen Anspruch, den die drei von der Verdener Zapfstelle an sich und ihre Produkte haben.

    Manches Bier sei schon nach vier Wochen ausgereift, ein anderes brauche aber seine sechs Wochen, weshalb es durchaus vorkommen könne, dass Kerstin Junge Kunden im Laden vertrösten muss. „Das verstehen die Leute aber“, wissen Eberhard Walther und seine Mitstreiter mittlerweile. Dass es in Verden einen edlen Tropfen Gerstensaft zu haben gibt, das hat sich in den letzten Monaten weit über die Grenzen der Allerstadt herumgesprochen. Nicht nur in der örtlichen Gastronomie – etwa bei Spitzenkoch Wolfgang Pade oder in der Domschänke wird das Verdener Craft Bier ausgeschenkt, auch im Restaurant Browiede in Intschede steht es auf der Getränkekarte.

    Abgefüllt und per Hand mit Etiketten versehen, wird das Selbstgebraute in 20-Liter-Fässer und in 0,5-Liter-Bügelflaschen – die mit dem Plopp. Die Pfandflaschen nehmen die Verdener gern in ihrem Lädchen zurück, wo sich ein Besuch mit Blick ins Sudhaus allemal lohnt. Dort kann man mal an Hopfen oder dem würzigen Malz schnuppern, das hauseigene Biergelee erstehen (lecker zu Camembert) oder den Bierkauf generell zu einem ganz individuellen Erlebnis machen. Noch sind die Schautermine zwar eingeschränkt (telefonische Auskunft erteilt Kerstin Junge unter 0152 21523363), aber wer ein sehr persönliches Geschenk zum Geburtstag, zum Jubiläum oder auch zur Hochzeit sucht, dem bietet die Verdener Brau Manufaktur auch ein ganz individuell gestaltetes Etikett an. Und wer Lust auf eine Bierverkostung für Zuhause hat, dem
sei die handgepackte ‚Das Verden – ProBIERmal Bierholzkiste‘ ans Herz gelegt.

    Und weil beim Verdener Bier – vermutlich nicht nur des Reimes wegen – aller guten Dinge nicht drei, nämlich Pale, Amber und Stout, sondern vier sind, haben sich die Craftbrauer nach dem Motto ‚Bier ist flüssiges Brot‘ mal wieder etwas ganz Besonderes einfallen lassen – zusammen mit der Handwerks-Bäckerei Rotermundt wurde das Brown Ale ‚Flüssig Brot‘ entwickelt, ein aromatisches Bier, das die Geschichte des Brotes und die Geschichte des Bieres vereint.

    Sigi Deismann
    Sigi Deismann
    Geboren in Celle, studierte in Hannover Germanistik, Sozialwissenschaften und Psychologie, bevor er fast drei Jahrzehnte als Redakteur des Weser-Kurier in der Lilienthaler Regionalredaktion arbeitete.
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