War Vroni Hertel zu Anfang noch „bunt“, änderte sich das im Laufe der Jahre. „Ich bin sehr speziell“, sagt die Macherin von sich selber. Das drückt sich auch in der von ihr getragenen Mode aus. Zur Farbe Schwarz kam sie erstmal nicht aus Überzeugung, sondern über die von ihr favorisierten Designer. Denn die schneiderten fast ausschließlich in gedeckten Farben, allem voran in schwarz. Heute lautet Hertels Philosophie:“Ich trage solange schwarz bis es eine dunklere Farbe gibt.“ Während des Interviews ist sie für ihre Verhältnisse mit einer braun-schwarz gestreiften vom Hersteller als opalfarben bezeichneten Haremshose und schwarzem Oberteil schon fast bunt gekleidet. Mit der Muttermilch hat Nina Hertel die dunkelste aller Farben aufgenommen. Mittlerweile gibt es für sie keine andere Farbe mehr. Auch zu ihrer Hochzeit wird sie schwarz tragen, versichert sie glaubhaft und zeigt ein schwarzes Sommerkleid eines ihres favorisierten Designer. Einzige Konzession an den freudigen Anlass sind bunte Highheels und und ein Blumenkranz. Bei anderen Bräuten gefallen ihr die typischen Brautkleider sehr, sich selber aber sieht sie in solch einem Modell nicht. Komplett hat Nina die Idee eines weißen Brautkleides allerdings noch nicht ad acta gelegt. Auch noch bis kurz vor dem großen Tag lässt sie sich weiße Hochzeitskleider schicken, schickt sie aber in aller Regel nach der Anprobe schnell wieder zurück. Schwarz bleibt einfach schwarz. Zu 95 Prozent trägt die gelernte Mode- und Textilmanagerin von kohlrabenschwarz bis hin zu anthrazit. Lag noch bis vor einem Jahr eine Jeans in ihrem Schrank, hat sich das Thema jetzt endgültig erledigt. Komplett bis zu Ende durchdekliniert haben Mutter und Tochter das Schwarz-Konzept in ihrem Leben. Von oben bis unten, von morgens bis abends. Jedes, wirklich jedes Kleidungsstück, gibt es bei Nina und Vroni Hertel nur in schwarz. Auch in Möblierung, Wandfarbe oder Farbigkeit der Küche setzt Nina auf die Farbe, die eigentlich keine ist. Sogar Vroni Hertels Katze ergibt sich dem Farbkonzept. Würde Nina Hertel ein Nachthemd tragen, sagt sie, dann wäre das mit Sicherheit schwarz, so ist nur die Bettwäsche fast schwarz, nämlich anthrazit. Und nur weil es ihr Handy nicht in schwarz gibt, besitzt sie ein rosafarbenes. Als sie ihren Mann kennenlernte, war dessen Kleiderschrank durchaus farbenfroh. Das hat sich geändert und auch er entdeckte seine Leidenschaft für die Farb- und Helligkeitsempfindung, die beim Fehlen eines visuellen Reizes entsteht.
Ihre Mode folgt keinem Trend, sagen Mutter und Tochter, sondern hat ihren ganz eigenen Stil. Eines aber ist sie sicherlich nicht, nämlich Gothic-Mode. Und was es zudem auf gar keinen Fall ist, das ist mainstream. Davon sind die beiden Fashionistas weit entfernt. In der Beschreibung tun sie sich trotzdem schwer mit der Mode, die durch einfache Schnitte und asymmetrische Details besticht. Geheimnis der außergewöhnlichen Mode ist ein konsequent angewendeter Mix von Materialien. „Bei den meisten Firmen“, verrät Nina Hertel, „gibt es zu jedem Kleidungsstück eine Geschichte.“ Als avantgardistisch bezeichnen sie die Moderichtung, die sie bevorzugen. „Kein Teil ist ganz normal, jedes zeigt Liebe zum Detail“. Und es ist der Austausch mit den Designern der kleinen exquisiten Label, den Nina und Vroni Hertel besonders schätzen. „Ausgewählt, speziell, nicht der Norm entsprechend und nicht der Saison unterworfen, keine billige Massenware, sondern Hingucker, die immer bequem sind“, bringt Vroni Hertel auf den Punkt. Und neben bequem sind es auch noch pflegeleichten Eigenschaften, die die Kleidungsstücke komfortabel machen. Alle Teile dürften gebügelt werden, müssten es aber nicht. In zwölf Jahren haben die beiden Hertel-Frauen nur ein einziges Mal ihre Bügelstation aktivieren müssen. „Ich habe mir nie träumen lassen, mit ihr zusammen zu arbeiten“, sagt Vroni Hertel über das seit vier Jahren bestehende „enge“ Verhältnis von Mutter und Tochter. Denn sie arbeiten nicht nur miteinander, sondern leben auch gemeinsam unter einem Dach. Probleme aufgrund der Nähe gibt es nicht, es erleichtert einfach den Alltag. „Wir telefonieren nicht mehr 50 Mal am Tag miteinander“, sagen sie, das habe sich geändert. Im Zuge der „neuen Geschäftsbeziehung“ trieb Nina eine Fokussierung auf das Online-Geschäft voran. Das nimmt mittlerweile mehr Raum ein als der reguläre Ladenverkauf. Mit einem Online-Geschäft müsse man gut zusammenarbeiten. Aber bei ihrem gut funktionierenden Mutter-Tochter-Verhältnis ist das kein Problem. Nichts lassen sie sich aus den Händen nehmen, ob Einrichtung des Fotostudios, die Erstellung der Website bis hin zu Order und Besuch der Messen.
Fotos: Mark Intelmann