Dass sich in Zukunft so einiges auf dem Meyerhof ändern wird, das signalisiert bereits das noch im Bau befindliche moderne Infogebäude. Mit Abschluss der Bauarbeiten wird dann aus dem Heimatmuseum ein ernstzunehmendes Museum, das mit seinen Pfründen durchaus wuchern kann. Denn die in der Sammlung vorhandene Anzahl von 1.200 Modeln für Blaudruck sucht mindestens in Norddeutschland, wenn nicht sogar bundesweit ihresgleichen. So ganz genau weiß Nils Meyer das nicht. Grund genug, dieses Kapital angemessen in einer Dauerausstellung zu präsentieren, denn in Deutschland gibt es nur noch wenige Blaudruckwerkstätten. Und eine davon liegt in Scheeßel. Die Aufnahme des Blaudrucks in die Liste des Immateriellen Kulturerbes in Deutschland durch die Deutsche Unesco-Kommission beflügelt nicht nur den neuen Museumsleiter, sondern auch den Vorstand des Heimatvereins „Niedersachsen“, der Träger des Heimatmuseums ist. Die Plakette hängt bereits am Speicher. Für das Verzeichnis des Immatriellen Kulturerbes der Menschheit ist die Scheeßeler Blaudurckwerkstatt über einen vom Bundespräsidenten gestellten Antrag nominiert. „Die Signale sind gut“, sagt Meyer. Ende November rechnen die Scheeßeler mit dem Entscheid, der, wenn er positiv ausfiele, eine andere Medienpräsenz und höhere Besucherzahlen mit sich bringen würde. Als einen ganz spannenden Weg bezeichnet Meyer die professionelle Umsetzung des Heimatvereins der in die Zukunft weisenden Aktivitäten auf dem Meyerhof. Noch ist die Blaudruckwerkstatt nur im Rahmen von Führungen zu besichtigen. Acht ehrenamtliche Mitarbeiter drucken derzeit aktiv blau, aber ausschließlich für den Heimatverein und die Trachtengruppen. Das soll sich ändern.
Es sind so einige Pfunde, mit denen der Meyerhof wuchern kann. Ein ganz dickes Pfund ist da das Kunstgewerbehaus, in dem sechsmal pro Halbjahr Ausstellungen aus der Region stammender oder der Region verbundener Künstler stattfinden. Von außen auf den ersten Blick ländlich gediegen, zeigt sich im Inneren das Kunstgewerbehaus als Galerie wenig verstaubt, überhaupt nicht heimatmuseig, sondern modern, professionell und kompetent. 1976 wurde das Kunstgewerbehaus, das 1908 von dem Scheeßeler Künstler und Begründers des Bremer Künstlerbundes Prof. Ernst Müller-Scheeßel mitbegründet wurde, mit geringen Mitteln, aber umso mehr Engagement und Herzblut wieder eröffnet. Grundstock bilden dessen Malerei und Möbel. Federführend für die Ausstellungen im Kunstgewerbehaus zeichnet Kuratorin und Ur-Scheeßelerin Birgit Ricke. Müller-Scheeßels Bilder seien so wertvoll, sagt die ehrenamtliche Kuratorin, dass sie im Tresor der Sparkasse eingelagert seien. Zu ihrer großen Freude wächst der Bestand an Müller-Scheeßels. Zu dieser Sammlung gesellt sich mit dem Nachlass von Heinz Fehling die Sammlung eines der bedeutendsten Werbegrafiker in der Zeit des deutschen Wirtschaftswunders hinzu, der für Borgward, die Haake-Beck-Brauereien, den Norddeutschen Lloyd, den Flugzeugbauer Focke und Mercedes arbeitete. Ricke stellt sich mit den von ihr kuratierten Ausstellungen der Aufgabe, einen Brückenschlag zwischen Tradition und Moderne zu vollziehen und den verstaubten Begriff „Heimatmuseum“ aufzufrischen. Hobbykunst hat im Kunstgewerbehaus, das ausschließlich mit professionellen Künstlern bespielt wird, keinen Platz. „Blau und andere Farben“ heißt die Ausstellung mit Werken von Elke Prieß, die am 11.August eröffnet wird.
Er ist der „Meyer für alles“, denn als Leiter eines kleinen Museums vereint er viele Aufgaben auf sich: von Buchhaltung über die Organisation von Veranstaltungen bis hin zu Organisation von Kunstausstellungen. Und dann ist er Ansprechpartner für alle. Aber das liegt ihm und er kennt es so. Die Finissage der Postkartenausstellung „Scheeßeler Ansichten“ bestätigte Meyers ersten Eindruck von Heimatmuseum und Heimatverein. Es war die Vision des ersten Vorsitzenden Uwe Wahlers und seines Vorstandes über die Zukunft des Scheeßeler Museums, die Nils Meyer schwer beeindruckte. „Scheeßel ist etwas Besonderes“, sagt auch Birgit Ricke und meint damit den Enthusiasmus aller Ehrenamtlichen, der sie über viel Arbeit trägt. Und dazu, so Meyer, gab es klare Strukturen und einen klaren Weg. „Nee, ich hatte nicht den Impuls, frischen Wind reinzubringen, sondern meine Art und Erfahrung einzubringen“, sagt der neue Meyer ganz offen zu seinen Intentionen als Museumsleiter.