Angefangen hat er mit dieser Art zu reisen 2002. Er startete im ersten Jahr ganz harmlos mit einer Radtour von gut 300 Kilometern in Mecklenburg-Vorpommern. Dann legte er nach und radelte in den Folgejahren jeweils 500 Kilometer entlang der ostdeutschen Flüsse. Dann wollte er wissen, wie es hinter der deutschen Grenze aussieht und er weitete seinen Radius in Richtung Polen, Russland und Baltikum aus. Aus einer Woche wurden fast drei, aus wenigen 100 Kilometern ist er nun bei fast 1.000 angekommen. Und das fast immer allein. Trotz einiger Unkenrufe über Radtouren in Polen, machte Rainer Bassen auf seinen einsamen Fahrten komplett andere Erfahrungen. Er erlebte mit überbordender Herzlichkeit, Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft das genaue Gegenteil dessen, was prophezeit wurde. „Das erlebt man am besten, wenn man allein mit dem Fahrrad und Packtaschen unterwegs ist“, sagt er. Es sei kein Stück langweilig, auch wenn er viele Kilometer schnurgeradeaus fährt. „Never“. Er fällt auf als Exot und das bringt ihm viele Sympathien ein. In den vergangenen Jahren traf er viele Menschen. Manche nur für wenige Minuten, andere für mehrere Tage. Zu jeder Tour gehört ein Tour-T-Shirt, auf dem die geplante Route prangt mit jeder Menge Platz für die Autogramme der Menschen, denen er auf seinen Radtouren begegnet. „Das ist jedes Mal die schönste Erinnerung, die ich mit nach Hause bringe.“
Schon immer war er sportlich unterwegs, spielt mit seinen 52 Jahren noch als ‚Sechser‘ in der dritten Mannschaft des Veeser Fußballclubs, aber einen richtigen Urknall gab es nicht, aus dem die erste Soloradtour entsprang. Er liebt es, in seinem eigenen Tempo fahren zu können ohne reden zu müssen. „Es ist ein kleines Stückchen Freiheit“, versucht er zu erklären. Einmal pro Jahr nimmt sich der Marketingleiter diese Art von Auszeit. „Die Familie und meine Haus- und Hof-Pflichten kommen übers Jahr trotzdem nicht zu kurz“, unterstreicht der Allrounder, der gerne Bügeleisen und Besen in die Hand nimmt. Seine Radreisen leben von guter Organisation und der perfekten Wartung seines Treckingfahrrads, das ein ganz normales ist. Das meiste kann er selber reparieren, Ersatzteile wie Kettenglieder und Ersatzschläuche gehören in das Gepäck. Aber er ist nicht nur organisiert, sondern auch diszipliniert trotz Urlaubsfeeling. Morgens fährt er früh los, um den Löwenanteil seiner Tagesetappe bis Mittag geschafft zu haben. Für 2020 hat er eine Tour durch Karelien angedacht, es könnte aber auch etwas Leichteres werden.
Schon immer schlummerte ein Entdeckergen in ihm. Und das ist es auch, was seinen Job im Marketing beflügelt. „Ich muss mir immer was ausdenken, nach vorne planen und organisieren“, so Bassen, dessen Antrieb immer schon Visionen waren. Visionen brauchte er in diesem Jahr auch als Präsident des aus sieben Mitgliedern bestehenden Veeser Rosenmontagsvereins, denn statt im Dorfgemeinschaftshaus fanden Prunksitzung und Fasching wegen Umbauarbeiten in der Schützenhalle in Westervesede statt. Und dafür war jede Menge Phantasie vonnöten. Als 15-Jähriger stand Rainer Bassen das erste Mal auf der Karnevalsbühne und genoss den Applaus. Aus dem Entertainer auf der Bühne wurde der Präsident des Karnevalsvereins, der kein Verein, sondern nur ein loser Zusammenschluss faschingsbegeisterter Westerveseder ist. Die Prunksitzungen des vor 50 Jahren aus einer Bierlaune entsprungenen Rosenmontagsvereins seien genauso wie die Fernsehübertragungen vom rheinischen Karneval, sagt Bassen nicht ohne Stolz. „Wir haben ein Prinzenpaar, immerhin, ein Dreigestirn aber gibt es nicht.“ Es sei ein fröhliches Amt, das mit viel Spaß, wenig Pflicht und keiner finanziellen Belastung verknüpft ist. Trotzdem war Rainer Bassen weder Karnevalsprinz, noch Erntemeister noch Schützenkönig. „Ich stehe gerne vorne, rede gerne viel, aber auf diese Würden bin ich bisher nicht scharf. Vielleicht, wenn ich nicht mehr Präsident bin.“ Mittlerweile ist der Rosenmontagsverein, dessen Rosenmontag auf einem Samstag liegt, als supergutes Bindeglied zwischen den Generationen im Dorf anerkannt.
Obwohl kreativer Kopf und obwohl er Dinge gerne mal auf den Kopf stellt, geht er sowohl die Arbeit in der Sparkasse Scheeßel wie auch seiner Aufgabe als Chef des Veeser Rosenmontagsverein und die Vorbereitung seiner Radtouren mehr als strukturiert an. Er arbeitet gerne mal mit To-do-Listen, die er am liebsten aber nicht benutzt, sondern für die Endkontrolle abhakt. Meistens kommt er auf 95 Prozent Übereinstimmung. „Das Beste ist, alle Listen im Kopf zu haben“, sagt er. Sein Fahrradgepäck wird von Jahr zu Jahr weniger, weil er jedes Mal optimiert. Der Inhalt des Kartons mit dem von ihm gedrehten Film- und Fotomaterial aber wächst stetig. Denn er dokumentiert nicht nur seine Fahrradtouren, sondern hat sich im Laufe der Jahre zum Chronisten von Westervesede entwickelt. Sechseinhalb Stunden dauert sein Film „Ünner´e Ösch“, in der er Westervesede, Deepen und deren Menschen 2010 filmisch festhält. Grafik, Film und das hübsch, das ist seins.