Retten und nicht verwalten – Ute Scholz

    Veröffentlicht:

    Verden. Seit 1987 lebt sie in Verden und seitdem zieht es sie ebenso konsequent in die Welt hinaus. Nach dem Studium, vor der deutschen Einheit und mitten in der Juristenschwemme begab sich Ute Scholz auf Bewerbungstour durch ganz Deutschland. In Verden fanden die Justitiarin und die Kommunalverwaltung zueinander. Als Rechtsamtleiterin hatte die gebürtige Oberhausenerin da mit allen Rechtsgebieten zu tun. Und ebenso mit vielem, das sie nicht erwartet hatte wie internationales Privatrecht, das sie benötigte, um mit Musikgruppen der Verdener Partnerstädte Verträge abschließen zu können. „Ich habe mich nie spezialisiert, sondern war immer Allrounderin.“ Und sie zog immer das Außergewöhnliche der Routine vor, liebte es zu retten und nicht nur zu verwalten, suchte die Herausforderung statt dem Berufsbild der klassischen Juristerei zu entsprechen. 

    Kommunale Selbstverwaltung als höchstes Gut. Anfang der 1990er Jahre übernahm Ute Scholz vom Rat gewählt den Posten der stellvertretenden Stadtdirektorin in Verden und stieg damit zur zweiten Führungskraft in der Kommune auf. 17 Jahre später ging sie als erste Stadträtin nach Rotenburg. „Wenn man Verantwortung trägt, kann man in der Kommunalverwaltung viel auf die Beine stellen“, so ihr Credo. Trotz Verbots von Inklusionsprojekten während der 1990er Jahre kooperierte Scholz schon damals mit der Lebenshilfe in Verden. „Das haben wir einfach gemacht, es war doch eine Win-win-Situation für Gemeinde und Lebenshilfe.“ An die große Glocke hängten sie das Projekt, bei der die Lebenshilfe Raum in einer städtischen Einrichtung erhielt, nicht. Als das Thema dann publik wurde, war es bereits aus der „Illegalität“ heraus.„Die Kommune ist die kleinste Einheit und die kommunale Selbstverwaltung ein hohes Gut“, betont Ute Scholz immer wieder. Kommunen können Freiräume ausfüllen, nach rechts und links und nicht nur in Briefmarkengröße denken. Das hat Scholz mit zahlreichen Stadtteilprojekten in sozialen Brennpunkten eindrucksvoll bewiesen. In Rotenburg brachte sie gegen anfängliche Widerstände den Bürgerbus auf den Weg und brachte sich in die EU-geförderte GesundRegion Wümme-Wieste ein.

    Sich mit anderen auf den Weg zu machen, Ziele zu verfolgen und sie zu erreichen, das sei erfrischend und tue gut, sagt die Verdenener Volljuristin, Mediatorin und Coach. Noch bevor sie das Amt der stellvertretenden Stadtdirektorin in Verden antrat, wollte sie der reinen Juristerei und der Kleinstadt entfliehen, über den Tellerrand schauen. Vier Jahre lang begnügte sie sich mit der einfachen Mitgliedschaft bei Zonta, dem globalen Netzwerk, das benachteiligte Frauen unterstützt, begabte Frauen fördert und für die Rechte von Frauen in aller Welt eintritt. Dann prägten zwei Zufälle ihren Zontaweg. Die damalige Vizepräsidentin des Zonta Club Bremen konnte die Präsidentschaft nicht übernehmen, Ute Scholz schon. „Ja, warum nicht“, sagte sie sich und trat 1996 für zwei Jahre das Amt der Präsidentin an. Damit war sie die erste Zontian, die im Club Bremen, aber nicht Bremerin war. Als Präsidentin lernte sie den Club und die Organisation von Zonta nochmal ganz anders kennen, fuhr zu überregionalen Treffen, um den Bremer Club zu vertreten, so auch zum Welttreffen, der Convention, auf dem die internationalen Amtsträgerinnen gewählt wurden. Und wieder kletterte sie ein Treppchen höher. Bei der Flaggenparade 2010 trug sie als Governor die deutsche Flagge in landestypischer Tracht. Die Auswahl der landestypischen Tracht stellte sie allerdings vor ein kleines Problem, denn dem weltweit verbreiteten Klischee der Deutschen in Form der Bayerin im Dirndl wollte sie so gar nicht entsprechen. Sie wählte ein rotes Abendkleid geschmückt mit Fanartikeln anlässlich der Fußballweltmeisterschaft. Für Ute Scholz war es eine besondere Erfahrung, die bunten Zonta-Länder zu sehen und festzustellen, dass die Pro-bleme und Ziele auch im größeren Stil ganz ähnlich sind wie im heimischen Club. Nach zwei Jahren Präsidentschaft im Club Bremen war sie happy past-president und engagierte sich in überregionalen Komittees in Deutschland und auf internationaler Ebene. Und dann, erinnert sich Ute Scholz, wurde sie „bequatscht“, ob sie sich nicht als stellvertretender Governor für das District Board von Zonta aufstellen lassen könne. „Eigentlich hatte ich keine Ambitionen auf eine Zonta-Karriere.“ Aber das Internationale machte ihr eigentlich Spaß, das beeinflusste ihre Entscheidung. Sie übernahm das Amt des Lieutenant Governor. Sechs Wochen später übernahm sie krankheitsbedingt das Amt der Governor und betreute den District von Lyon bis zur Ukraine. Die erste Zeit war schwierig und arbeitsreich und wie immer bei Zonta ehrenamtlich. Ihre Erfahrungen aus der Kommunalpolitik halfen ihr da sehr. Jeden Abend bearbeitete sie ein bis zwei Stunden nur Emails, ehrenamtlich, denn Zonta gewährt nur eine Reisekostenerstattung zuzüglich Kost und Logis. Ihre Reisen waren der Lohn und führten sie in Länder, die sie unter normalen Umständen nie kennengerlernt hätte wie die Ukraine. „Es ist beeindruckend über den Tellerrand zu schauen“, sagt sie aus tiefstem Herzen.

    Ihre Amtszeit in Rotenburg endete, Ute Scholz arbeitete als Moderatorin und Coach und der Weg führte zunächst in ein internationales Komittee von Zonta. 2016 kandidierte sie bei der Convention in Nizza zur Beisitzerin, 2018 in Yokohama für das Amt der Vizepräsidentin im International Board. Dann endete ihre zweijährige Amtszeit als internationale Vizepräsidentin und sie machte sich auf den Weg ganz an die Spitze. Online wurde sie zur Nachfolgerin von Sharon Langenbeck für die Legislaturperiode 2022 bis 2024 gewählt. Im Moment ist sie auf der Zielgeraden und bereitet sich als „President Elect“ auf ihre Amtszeit vor. Neben reiner Vorstandsarbeit, so Ute Scholz, sind es eigene Themen, die es anzuschieben gilt, eigene Projekte, die sie umsetzen möchte und ein Budget, dass sie verwalten wird. In der Zontawelt betreute und bereiste sie während ihrer Boardtätigkeit bereits drei australische Districte und immer wieder die USA und Kanada. „Das war toll“, schwärmt sie über die unvergesslichen mit der Reiserei verbundenen Erlebnisse. Sechs Wochen reiste sie in Australien von Konferenz zu Konferenz. Das australische Lebensgefühl und der Lebensstandard beeindruckten sie nachhaltig. Viel zu Hause war sie in dieser Zeit nicht. Menschen und ihre Biographien interessieren sie, das Leben in anderen Ländern und Kulturen ebenso. Und sie arbeitet gerne, deshalb sind ihr als Mitglied des Verdener Zonta Clubs die für das umfangreiche Ehrenamt aufgewendeten Stunden nie zuviel. „Wenn die Arbeit Spaß macht, es Gestaltungsspielräume gibt, dann ist Arbeit keine Anstrengung“, sagt die Juristin mit voller Überzeugung. In Coronazeiten allerdings liegt die Reisetätigkeit auch für sie als President-Elect brach und es ist schwieriger, Spenden zu akquirieren. Da ist Kreativität gefragt, um jährlich fünf Millionen Euro für die weltweit drei bis vier Schwerpunktprojekte von Zonta einsetzen zu können. Als Nicht-Regierungsorganisation (NGO) hat ZONTA International bei der UNO seit ihrer Gründung im Jahr 1945 konsultativen Status. Das Polyglotte und der andere Blick auf die Welt begeistert Ute Scholz immer wieder aufs Neue für Zonta, die als NGO den Fokus auf Frauenrechte lenkt und sie einfordert. Während des Studiums fielen ihr Unterschiede, die zwischen Männern und Frauen gemacht werden, nicht so auf, gesteht die Verdenerin. Beim Einstieg in den Beruf aber bekam auch sie Klischeedenken zu spüren. Dass Bildung der Schlüssel für alles ist, das war ihr schon als Studentin bewusst. Dass ihr die Welt offen steht, so ihr Gedanke als junge Juristin. Alles miteinander verknüpft, macht sie zu einer überzeugten Zontian, die den Begriff „Zontian“ als Ehrbezeichnung versteht. „Ich bin stolz, dabei zu sein und Mitglied solch einer Organisation zu sein, die sich weltweit für die Rechte von Mädchen und Frauen einsetzt.“

    Sabine von der Decken
    Sabine von der Decken
    Geboren 1957 in Nordrhein-Westfalen, Studium der Diplom-Biologie in Bremen und Oldenburg. Seit mehr als 20 Jahren freie Mitarbeiterin Weser Kurier Bremen, arbeitet zudem für Fachmagazine wie Land und Forst und Gartenbauprofi.
    ANZEIGE

    Weitere STARKE Artikel

    Hier kommt Alex – Alexander Krützfeld stellt sich vor

    Wir STARK-Redakteure erfahren es während der Teamsitzung: Das Magazin...

    Atlas von der Wehl – Service rund um die Uhr

    Lauenbrück. Service wird bei der Atlas von der Wehl...

    Steuerberater Peters & Partner – Kompetenz und persönliche Beratung

    Ob Umsatz- oder Gewerbesteuer, Fragen zur Erbschaftsteuer oder zur...
    ANZEIGE

    Folge uns!

    STARK auf Instagram