In dieser Zeit starb sein Vater plötzlich und unerwartet. Der Sohn reduzierte daraufhin seine Arbeit und nahm bald eine komplette Auszeit in der Psychiatrie, um den väterlichen Nachlass zu regeln. Wer weiß, wie lange er nach dem Wiedereintritt im Agaplesion geblieben wäre oder ob es je ein Ferdinands Feld Festival gegeben hätte, wenn ihm nicht das einschneidende Erlebnis im Krankenhaus widerfahren wäre, bei dem ein Patient ihn und eine andere Pflegekraft derart attackierte, dass die Polizei zur Hilfe geholt werden musste. Jedenfalls: Roland Nielebock kündigte.
Und nun? Nun kommt die Musik ins Spiel… Sicher war die Musikalität seines Vaters dabei nicht ohne Einfluss. Die älteren Leser des Magazins werden sich an dessen regional bestens vernetzte Band „Hermann und die Hilflosen“ erinnern. Hermann Nielebock saß an den Drums, die später auch Roland, wenngleich nicht sehr lange, spielten sollte. Gemeinsam mit den Bremer Freunden Benjamin Pekrul und Marco Fricke entwickelt Roland Nielebock die Idee eines Musik-Events für Elektronische Musik. Ferdinands Feld Festival war geboren. Noch war es nur eine Kopfgeburt. Also musste die Realisierung her, mit anderen Worten: das Geld. Man begann mit einem Startkapital von 27 000 Euro. Schon von Beginn an auf dem Flugfeld des Rotenburger Flughafens. Mittlerweile erfreut sich Roland Nielebock bester Zusammenarbeit mit Achim Figgen, dem Geschäftsführer der Flugplatz Rotenburg (Wümme) GmbH, eine Tochter der Rotenburger Stadtwerke.
2015 startet der erste Flug, 2019 bisher der letzte (die 2020er Miniausgabe, ebenso wie die 6000 Zuschauer an vier Wochenenden 2021, zählen für den Veranstalter nicht so richtig). Allerdings, 2019 war auch das Jahr, in dem die Betreiber erstmalig die Nähe der schwarzen Zahlen erreichten und sich eines Gewinns erfreuen konnten, denn 2019 kamen circa 20000 Zuschauer. Die Fans: ein wenig mehr weibliche als männliche, durchschnittlich 25 Jahre alt. Das Publikum kommt vorwiegend aus dem norddeutschen und Bremer Raum und schon mal aus ferneren Bundesländern. Besuchen kann das Ferdinands Feld jeder, der volljährig ist. Da wären wir bei den Kosten eines solchen Festivals: Pro 100 Teilnehmer rechnet das Führungsteam mit einer Security-Kraft, also für 20 000 wären das allein 200 Personen für den Sicherheitsdienst. Und rund 1,2 Millionen Euro kostete die gesamte Produktion des Festivals. Allein für die zwei großen Bühnen, ohne Technik, werden rund 80.000 Euro einkalkuliert – Und dann kam Corona … Freuen wir uns mit Roland Nielebock und seinem Team auf Ferdinands Feld Festival 2022 am 6. August! Wie bei den vergangenen „großen“ Festivals wird es neben dem regulären Festival-Ticket auch wieder „1.Klasse-Tickets“ geben. Bei diesem Ticket sind unter anderem die Getränke, ein Buffett, ein eigener Bereich und noch einiges mehr inkludiert. Für Gäste mit einer weiteren Anfahrt oder solche, die Lust zum Campen haben, steht in Nähe des Festivalgeländes wieder der Campingplatz zur Verfügung. Übernachten kann man dort ausschließlich im eigenen Zelt. Auch wenn das Festival selbst nur einen Tag dauert, nachts nicht gleich wieder abfahren zu müssen, ist halt viel entspannter. „Zwölf Stunden elektronische Musik aus den unterschiedlichsten Genres! Hebe vor insgesamt vier Bühnen ab! Dich erwarten über 40 DJs und Live-Acts, Foodtrucks aus der ganzen Republik, mehr als 20.000 weitere tolle Passagiere und unendlich viele #flugzeugeimbauch“, heißt es auf Rolands Homepage.
Roland Nielebock tanzt, natürlich, auf mehreren Hochzeiten, sonst wäre er nicht Roland. Und sein zweites großes Projekt startet und läuft bereits am Weichelsee – der Beachclub „strandgold“. Das Beachclub-Gelände und seine Bebauung sollten eigentlich im April 2021 fertig sein. Doch nicht eingehaltene Liefertermine ließen in diesem Jahr nur eine kleine Version zu, die vom Publikum dennoch sogleich gern angenommen wurde. Auf meine Frage, was Roland denn im „strandgold“ am liebsten trinke, kommt die überraschende Antwort „Eistee! Unser Eistee ist wirklich gut.“ Der großen Auftakt in die Open-Air-Saison findet am 26. Mai statt. Und das direkt mit dem Stimmungsmacher schlechthin: Mickie Krause! Das Pfingstwochenende in diesem Jahr, vom 4. bis 6. Juni, bietet im „strandgold“ sowie am Weichelsee ein reichhaltiges, differenziertes Programm, das alle Altersklassen erreichen soll. Am Pfingstmontag wird ein Radiosender einen Familientag durchführen. Da hoffen wir natürlich für alle Beteiligten auf gutes Wetter.
„Es fehlt in Rotenburg an Innengastronomie, an Restaurants oder Lokalen für größere Familien oder Feiern aller Art“, begründet Roland Nielebock seinen Entschluss, gleichfalls am Weichelsee mit seinem Partner Malte Janßen auf 11 000 Quadratmetern das „strandgold“ zu etablieren. Der Weichelsee-Strand bleibe trotz Beachclub und „strandgold“ frei zugänglich. Roland Nielebock ergänzt, durch sein Engagement werde der Weichelsee weder privatisiert noch zur dauerlärmenden Party-Location. Der Wunsch des Jungunternehmers: Ende 2023 steht die Event-Location für bis zu 300 bis 400 Besucher und freut sich auf ihre Gäste. Vorher sind Millionen an Investitionen nötig. Ob er denn Marktanalysen zuvor in Auftrag gegeben habe, frage ich den Unternehmer. Der lächelt cool: „Ich verlasse mich auf mein Bauchgefühl.“ Davon konnte er offensichtlich auch die Stadtväter überzeugen, denn Rotenburg gab für die Investitionen grünes Licht.
Fotos: Strandgold