Wasserkraftwerk Dörverden – Der Mensch und das Wasser

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    Dörverden. Ein Brummen geht durch das ganze Gebäude. Irgendwie im Hintergrund, aber doch deutlich zu vernehmen. Die großen Turbinen, die in der Halle nebenan arbeiten, machen spürbar auf sich aufmerksam. Beim näheren Herantreten an die riesig wirkenden, runden Konstruktionen wird klar, dass sie für die durchdringenden Geräusche verantwortlich sind. Das Brummen wird jeden Meter stärker, aber nicht unangenehm. Auch Vibrationen sind spürbar. Im Laufwasserkraftwerk Dörverden strömt Weserwasser über die Schaufeln der Turbinen, die Generatoren direkt darüber antreiben. Sie machen aus Bewegungsenergie elektrischen Strom. Der Wasserdruck, der bei der Überwindung des Wehrs entsteht, wird dabei genutzt, um Turbinenräder in Gang zu setzen. Im Nachgang dann Generatoren, die vom Prinzip her überdimensionale Dynamos sind.Schon von weitem ist das mächtige Bauwerk über den Strom zu sehen. Ein Turm mit spitzer Dachkonstruktion ist das optisch dominierende Element des Kraftwerks nahe Dörverden. Erbaut wurde die Konstruktion, die im Laufe der Jahrzehnte immer wieder ergänzt oder umgestaltet worden ist, von ihren Grundzügen her im Jahre 1914 – ursprünglich zur Regulierung des Wasserstandes. Später erkannten die Menschen, dass neben dem für die Schifffahrt wichtigen Pegelstand der Weser auch die Erzeugung regenerativer elektrischer Energie wichtig und sinnvoll ist. Eine Erkenntnis, die heute wohl aktueller denn je ist. Klare Vorgaben, was die Toleranzen der Pegelstände angeht, sind bei allen sich ständig verändernden Parametern stets einzuhalten.

    Neben der Schifffahrt ging es auch von Anbeginn der Aktivitäten darum, den Grundwasserstand in der Region vor dem Hintergrund landwirtschaftlicher Nutzung möglichst gleichbleibend zu gewährleisten. „Auch, wenn ich schon rund 40 Jahre hier arbeite, so ist doch jeder Tag wieder anders und voller neuer Herausforderungen. Für mich ist das immer wieder spannend“, berichtet Axel Schröder. Ursprünglich als gelernter Elektriker in die Dienste des Kraftwerks getreten, leitet Schröder heute das Werk, das eines von zahlreichen Standorten des norwegischen Energiekonzerns Statkraft weltweit ist. Für 28 Mitarbeiter ist er verantwortlich, die von der Zentrale in Dörverden aus zahlreiche weitere Wasserkraftwerke des Unternehmens in der Region betreuen. Bei aller Vielschichtigkeit der Aufgabenstellungen, Themen und Probleme vermag sein Verantwortungsbereich den Standortleiter stets neu zu motivieren: „Es ist einfach auch die Begeisterung für die im Grunde doch sehr einfache Technik, die hier zur Anwendung kommt.“ Damit meint Schröder allerdings eher das Funktionsprinzip eines Laufwasserkraftwerks mit einigen Komponenten, die schon vor Jahrzehnten zur Grundausstattung gehörten, um aus fließendem Wasser Strom zu produzieren. Denn beim näheren Hinschauen wird hinter den Kulissen der großen Turbinenhalle schnell deutlich, dass ohne Computerhilfe heute kaum noch etwas läuft. Zu breit und tief ist das Anforderungsprofil, dem sich die Betreiber des Kraftwerks im täglichen Betrieb gegenüber sehen.

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    Neben dem rein technischen Aspekt der Stromgewinnung spiele der Umwelt- und Naturschutz heute mehr denn je eine der zentralen Rollen in dem gesamten Gefüge. Auch rechtlich relevante Details erwarten täglich Beachtung von den Akteuren. Blicke in die Geschichte sind am Beispiel des Wasserkraftwerks nicht nur vor dem Hintergrund aktueller Diskussionen um nicht endliche Energieressourcen, Klimawandel und noch deutlich stärker erforderlichem Umweltschutz spannend: Anfänglich war die Stromerzeugung an der Weser nämlich tatsächlich nur eine Art Abfallprodukt. Wie Axel Schröder sagt, hat der preußische Staat neben der Sicherstellung der Weser-Schiffbarkeit irgendwann dann auch gezielt die Stromgewinnung forciert. „Einen Großteil von Originalkomponenten aus den Anfängen haben wir tatsächlich auch heute noch in Betrieb. Eine der Kaplan-Turbinen heißt bei uns nur alte Lady“, schmunzelt Schröder. Der österreichische Ingenieur Victor Kaplan hatte diese Art von Wasserturbine im Jahre 1913 entwickelt. Wenn man früher derartige Dinge konstruiert habe, sei man vielfach mit einer anderen Einstellung an solche Aufgaben herangegangen als es heute der Fall sei. Ohne etwas gegen neue Technik zu haben, ohne die ein dauerhaft verlässlicher und sicherer Betrieb der Statkraft-Wasserkraftwerke heute wohl undenkbar wäre, müsse man doch erkennen, dass Konstrukteure früherer Tage „zur Sicherheit eher noch eine Schippe draufgelegt haben“, statt sich mit ihrer Technik zu nah ans Limit zu bewegen.

    Bei heutigen Entwicklungen, beispielsweise auf dem Sektor der Turbinenkonstruktion, seien allerdings auch ganz andere Dinge möglich als früher. Neue Werkstoffe, Planungen und Simulationen am Computer und eine Fülle an Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte stünden den Ingenieuren und Technikern heute bei ihrer Arbeit zur Verfügung. Verstellbare Schaufeln mit speziellem Design spielten bei der Optimierung des eigentlichen Stromgewinnungsprozesses ebenso eine Rolle wie beim Thema fischschonender Betrieb. In Dörverden setzt man dabei laut Schröder ebenso auf die eigenen Erfahrungen und Bedürfnisse wie auf das Knowhow von Unternehmen, die schon seit Jahren im Geschäft mit Turbinen, Generatoren und Steuerungstechnik aktiv seien. Stets gelte es dabei den Wirkungsgrad und die Auslastung der Technik sowie den Fischschutz im Auge zu behalten und abzuwägen. Im Rahmen von Laichwanderungen ins Meer absteigende Aale oder aufsteigende Lachse und Meerforellen sollen möglichst unbehelligt das Kraftwerk passieren können. „Entlang unserer Mittelweser-Kette gehören sechs Anlagen zu unserem Zuständigkeitsbereich“, erklärt Axel Schröder. Die Kraftwerke, die grundsätzlich das ganze Jahr über zur Stromgewinnung betrieben werden, liefern in ihrer Gesamtheit rund 28 Millionen Kilowattstunden pro Jahr, was einem Verbrauch von etwa 45.000 Haushalten entspricht. Einige der Bauten, die wie das in Dörverden auch ein Stück weit landschaftsprägend sind, sind Industriedenkmäler. Das Kraftwerk in Langwedel zählt dazu. „Ganz oft trifft hier Geschichte auf Moderne. Das ist faszinierend“, sagt Henning Fastenau, der wahrscheinlich einmal die Aufgaben von Axel Schröder übernehmen wird. 100 Jahre lägen nicht selten zwischen zwei Komponenten oder Bauteilen, die zusammen mit aktueller Technik gemeinsam noch immer verlässlich ihren Dienst versehen. Regelmäßige Wartung und Instandhaltung sei deshalb auch ein wesentlicher Bereich der täglichen Aufgaben, die „seine Truppe“ zu absolvieren habe, sagt Schröder. Dem Nachwuchs komme vor diesem Hintergrund eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Anfang August sind drei neue Auszubildende gestartet. Zwei weitere befinden sich im zweiten Jahr ihrer Ausbildung. Gut ausgebildete und eigenständig arbeitende Mitarbeiter sieht der Standortleiter als wichtiges Kapital des Unternehmens: Nicht     umsonst würden sich Mitarbeiter externer Firmen bei der Überholung von Turbinen oder Generatoren meist wundern, dass sie sich beispielsweise um die Demontage von Anlagenteilen nicht kümmern müssten. Denn das wird in der Zentrale in Dörverden selbst geplant, im Detail vorbereitet und schließlich durch eigenes Personal erledigt.

    Fotos: Arne von Brill

    Frank Kalff
    Frank Kalff
    Frank Kalff schreibt seit 2018 für die STARK.
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