Dieses Brandtzeichen! Der Name oder Begriff passt für die Firma wie der berühmte Deckel auf den Topf oder wie die Faust aufs Auge. Brandt und Zeichen, Familienname und Arbeit, quasi als Visitenkarte. Eine treffliche Symbiose. Markant und prägend, stilvoll und stimulierend, prickelnd, weil haargenau passend zu dem, was Stefan Brandt und seine fünf Mitarbeiter in der Werkstatt kreieren und produzieren. „Ich wollte mal was Neues machen, was besser in die Zeit passt und gezielter aussagt, was wir hier machen“, erläutert der 46-jährige seine Idee des neuen Firmen-Namens und der damit gleichsam einhergehenden Neugestaltung des hauseigenen Logos. Es dürfte ihm gelungen sein, wenngleich „meine Frau skeptisch war“. Ein Zeichen hat Brandt jedenfalls mit der Veränderung gesetzt: mit einem Schilderwald hat er nichts am Hut. Die spuckt heute das Internet gewissermaßen an jeder Ecke aus: einfach und billig. Das ist beileibe nicht die Vorstellung, die Stefan Brandt von seiner handwerklichen Arbeit hat, wenngleich seine offizielle Berufsbezeichnung, Schilder- und Lichtreklame-Hersteller-Meister, eine Novellierung erfahren könnte. Denn was er uns später, drinnen in der Werkstatt, zeigt, das ist von einem Schilderdienst so weit entfernt wie das gute alte Kino von Facebook. Reliefs sind gefragt. Stefan Brandt hält die, wie er es nennt, „die Königsklasse“ in seinen Händen,
ein sogenanntes Spitz-Relief, bei dem die Buchstaben schräg zuspitzend nach außen hin sich wölben. „So etwas macht heute niemand mehr“, erklärt Brandt.
Dabei kommt der betreffende Firmen-Name gänzlich anders rüber als in Schilderform: dynamischer, prägnanter, emotionaler. Wer ein solches Relief in seinen Händen hält, der will es womöglich gleich mitnehmen: Werbung bindet, kommt eben darauf an, wie, in welcher Gestaltung sie ausfällt. Stefan Brandt zeigt uns zwei dieser Reliefs – in Aluminium und Messing gefasst, in Bronze farblich markiert. Früher hatten werbliche Schmuck- stücke dieser Art mal so etwas wie Konjunktur. „In unserem Gewerbe ist vieles anders geworden“, kritisiert Brandt, anders, weil einfacher, handwerklich eben daneben. „Die, die sich da Werbetechniker nennen, Baustellenschilder fabrizieren, Klebefolien montieren oder Plastik-Tafeln aufarbeiten, die verstehen nichts von unserem ernsthaften Handwerk, das ist nichts, was einem Charme verleiht.“ Brandt ist schon beinahe regelrecht erbost über die aktuelle Entwicklung seines Genres. „Das Internet“, interveniert er regelrecht, „hat die handwerkliche Werbegestaltung ramponiert.“ Früher habe die Gestaltung von Werbung an Gebäuden weitaus prägnantere Züge angenommen. „Was billig ist, kann doch nicht gut sein“, vermittelt Brandt vordergründig den Eindruck eines desillusionierten werbungs-betonten Schaffenden. Ist er natürlich nicht. Ist er enttäuscht? „Schauen Sie sich doch England an, die Häuser, die Geschäfte, da hat die werbende Darstellung einen lebendigen Charakter, da passt diese zu dem jeweiligen geschäftlichen Anlass weitaus treffender“, lässt der Brandtzeichen-Chef seine Eindrücke munter sprudeln – und dann kommt`s: „Hier hängt doch viel Mist herum!“
In seiner Werkstatt hängen reihenweise Schilder an den Wänden, bunte und in allen Formen, von Harley Davidson, von Kelloggs, von Gin bis Cartier. Zierde einer wechselvollen Zeit der Branche. Vor fünfzig bis sechzig Jahren, fasst Brandt die historische Dimension seiner Zunft zusammen, habe man oftmals „bessere Sachen“ gestaltet als sie heute vielfach zu sehen seien. „Und das haben die Leute damals mit weniger Material zustande gebracht,“ fügt er betont hinweisend auf seine persönliche Mängelliste hinzu. Die Ursachen für diesen nachweislichen Niedergang seiner Handwerkskunst sieht er nicht zuletzt in der dominierenden Internet-Präsenz. Man spürt: Stefan Brandt will Handwerk nicht allein formen, er lebt es förmlich, beharrt auf alte Tugenden und scheint schier besessen davon zu sein, individuell das Ansprechendste für die Kunden herzuholen. Die alten, berufstypischen Arbeitstechniken – wie Blattvergoldungen und Schriften-schreiben mit Pinseln – sind dafür unverzichtbar und Brandt will sie anwenden, wann immer es opportun ist. Einzelstücke präferiert er, Reliefe vornehmlich. Ihr Charme ist unverkennbar. Stefan Brandt: „Sie wirken nicht so aufdringlich.“ Man könnte wohl auch sagen: die Authentizität ist ungleich größer als bei Schilder- oder Folienwerbung. Brandt: „Na, sagen wir, die Glaubwürdigkeit spielt in der Werbung eine bedeutsame Rolle. Und Reliefs strahlen eine solche eben mehr, gezielter, aus“. Das trifft den Punkt. Was draußen vor der Tür an Werbung steht, sollte tunlichst mit der Offerte drinnen nicht kollidieren. Stefan Brandt nennt das „die Stimmlichkeit der Funktionen“. Klar ist natürlich auch für ihn, was immer er auch an fassadenreicher Werbung fabriziert, sie muss so ausfallen, dass der Kunde stimuliert wird „den Laden zu betreten“.
An seinem besonderen Feeling für Reliefs will er verstärkt festhalten, weil er die Erfahrung gemacht hat. „Fassen die Leute erst einmal so ein Relief an, dann wollen sie auch eins haben“. Aus alt mach neu oder die Renaissance lebt. Dass Stefan Brandt diesen Berufsweg eingeschlagen hat, daran war ganz unmittelbar sein Vater beteiligt. Dieser war einst als Fernfahrer in der Molkerei Nordmilch in Zeven beschäftigt. Zugleich war er auch Maler und beschriftete in der unternehmenseigenen Werkstatt den Fuhrpark. „Die Arbeit von meinem Vater hat mich sehr eingenommen“. Die Faszination für Pinsel und Farbe, für gestaltende Elemente, die sich daraus ergeben, führten Stefan Brandt schließlich in die Lehre mit späterer Selbständigkeit. Zunächst in Hesedorf – ab 2000 – in der väterlichen Garage und seit sechs Jahren in Scheeßels gewerblichem Zentrum. Und weil ihm das „gute alte Handwerk“ so emotional unter die Haut geht, will er sein Handwerk möglichst breitflächig unters Volk bringen. Nicht allein durch seine Arbeit, sondern auch bisweilen durch Workshops, die in seiner Werkstatt, zuletzt mit Interessierten aus ganz Deutschland und Dänemark, ablaufen und durch einen künstlerisch Arrivierten wie Jeff Marschall aus Australien buchstäblich schwungvoll – via Schriftenpinsel – beflügelt werden. Und seine Kunden? Wie erwischt er die? Es spricht sich offenbar herum, wenn das Brandtzeichen wieder irgendwo neu in Form und Farbe leuchtet und außerdem lässt er einen Termin partout nicht sausen, der zeitlich so ungewöhnlich ist wie funktionell tauglich. Ein werbungsreiches Paket. Unternehmer in Reih und Glied. Sein Name: BNI. Ein Netzwerk. Eine Organisation für Geschäftsempfehlungen, nennen die Damen und Herren ihr morgendliches Vergnügen. Jeden Donnerstag. Und stets um 6.45 Uhr. Im Stemmer Landgut. Frühstück nicht bei Tiffany, aber erkenntnisreich. Stefan Brandt: „Es ist eine gute Streuung, Menschen zu begegnen“. Menschen wie er. Die Chefs. Gut fürs Geschäft. Wann kommt man sonst mal an sie ran? Auch ein Brandtzeichen, das passen sollte!
Fotos: Thomas Kusch