Boris Thomas – Wo bitte gehts zum Paradies?

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    Rotenburg. Als ein spannendes Jahr überschrieb Heiko Kehrstephan, erster Vorsitzender den Jahresrückblick des RWF. Und mit einem spannenden, weil ungewöhnlichen Denkansatz komplettierte der RWF auch seine Jahreshauptversammlung im Rotenburger Heimathaus. Mit Boris Thomas luden sich die Rotenburger Unternehmer jemanden auf Augenhöhe ein, der sich jeden Tag aufs Neue neuen Denkstrukturen verschrieben hat. Geboren in Zeiten des kalten Krieges, ausgezeichnet mit einem russischen Vornamen, getrieben von der Suche nach Wissen und nach dem Sinn des Lebens, zurückgekehrt nach Bremervörde nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften in Karlsruhe, übernahm Boris Thomas 1992 die Geschäftsführung eines mittelständischen in Bremervörde angesiedelten Betriebes und schrieb Latto-
flex-Geschichte. Es ist die Geschichte nicht nur der Mutter aller Lattenroste, sondern auch die Geschichte eines 1935 unter nicht optimalen Bedingungen gegründeten „Start-up“ durch einen Unternehmer mit revolutionären Ideen. Dessen Ideen waren zwar immer interessant, neu, ungewöhnlich, erfolgversprechend, aber nicht immer lukrativ. Vom Mut, neue Wege zu gehen, erzählte Boris Thomas während der Jahreshauptversammlung des RWF. Nie aus den Augen verlor er dabei Firmen- und Familiengeschichte. Daraus schöpft er seine Kraft, seinen Antrieb, seine Bodenhaftung. „Die Krisen ließen uns nicht los“, berichtete er den Rotenburger Unternehmern von seinem und dem Werdegang von Lattoflex. Dass diese Krisen und sein Umgang der Weg zum Erfolg sind, das machte er im Heimathaus einmal mehr deutlich. Boris Thomas ist nicht nur Vorsitzender des Regionalausschusses Rotenburg bei der Industrie- und Handelskammer Stade und der Bremervörder Wirtschaftsgilde, Geschäftsführer von Lattoflex, sondern er lässt seine Erfahrung als Führungskraft in zahlreiche Vorträge und Veröffentlichungen einfließen. 2019 erschien im Campus Verlag sein Erstlingswerk „Fang nie an aufzuhören“.

    Nicht eine Krise, sondern die Lust, die Firmengeschichte mit all ihren „ups and downs“ zu erzählen, den Weg aus den Krisen, von denen es nicht nur eine gab, Revue passieren zu lassen, vor allem aber der Spaß am Erzählen, war Grund genug, für Boris Thomas, seine Erfahrungen weiterzugeben. Auf dem Weg dahin lagen Zen-Klöster, Schweige-Retreats, Meditationsworkshops, innere wie äußere Abenteuer, die Besteigung des Kilimandscharo und eine Wanderung durch Bhutan. Etwas Missionarisches hat er dabei nicht entwickelt, das ist ihm fremd. Und weil es „seine Wahrheit“ sei, hieße sie auch so und müsse nicht automatisch auch die Wahrheit anderer sein. Aber sein brennendes Herz offenzulegen und mit tiefem Respekt die Andersartigkeit zu betrachten, das ist seine Sache. Die ihn treibende Kraft war schon früh die Frage, wie der Mensch funktioniert. Auf der Suche nach der Antwort folgte er seinem inneren Kompass. „Ich will das in die Welt bringen, wofür ich gemacht bin. Nämlich anders auf das Leben und die Krise zu blicken“, sagte er. Philosophische Betrachtungen und religiöse Sichtweisen halfen ihm, entspannter auf die Welt und seine Mitmenschen zu schauen. Das Leben sieht er dabei als Lernaufgabe. Und mit dieser Einstellung habe er viel, viel coolere Menschen kennengelernt.

    Den Zahn, einen hundertprozentig sicheren Weg zum Erfolg zu präsentieren, zog Boris Thomas seinen Zuhörern schnell. Aus eigener Erfahrung berichtete er über von Krisen geschüttelten Zeiten in seinem Unternehmen, das er seit fast 30 Jahren führt. „Ganz ehrlich, es gibt keine Linie von A nach B“, sagte er aus Erfahrung und tiefster Überzeugung, dass auch eine Erfolgsgerade keineswegs gradlinig verläuft. In einer Gesellschaft von Erfolgsjunkies sei es umso schwieriger, Krisen auszuhalten. Aber man müsse sich ihnen stellen, denn Krisensituationen seien das, was das Leben eigentlich ausmache. „Ich finde sie nicht toll, weiß aber, dass sie dazugehören“, sagte er und stellte die These auf, dass Gesellschaften und Ideologien wie die DDR oder der Sozialismus, die solche Art von Geschehnissen ausblendeten, zum Scheitern verurteilt sind. Erfolg sei ein schlechter Lehrer, sagte bereits Bill Gates. Boris Thomas machte ähnliche Erfahrungen und geht noch einen Schritt weiter. „Erfolg macht lernbehindert“, so seine These. Bestes Beispiel sei der Honeymoon, der keine echte Beziehung, sondern nur eine chemische Gehirnströmung sei, in der ein Zustand von Lernen nicht stattfindet. Denn in Zeiten des Erfolgs verwechsele man Prioritäten und tappe dadurch in die Falle, weil die wirklichen Themen nicht diskutiert werden. Als Geschäftsführer von Lattoflex berichtete er von vielen persönlichen Beispielen, auf welche Weise man satt scheitern könne. Ob der Online-Rückenkurs auf SAT.1 oder der nicht tropentaugliche OP-Tisch, den sein Großvater in den Sand setzte, sie alle dienten am Ende des Tages dazu, das Unternehmen neu auszurichten.

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    Thomas liebt Menschen, die viele Krisen erlebt haben. „Die wissen wie es geht.“ Erfolgsrezepte gibt der Bremervörder Unternehmer aber keine mit auf den Weg. „Nerven behalten“, das ist eine seiner zentralsten Aussagen zum Thema Krisenmanagement. Und zu akzeptieren, dass eine Krise dazu da ist, um Kraft und Mitte zu finden. In seine Kernbotschaft bezieht er den tiefen Respekt vor der Einzigartigkeit des Menschen mit ein. Seine unternehmerische Tätigkeit brachte ihn immer wieder an den Punkt, das Momentum des Ungeplanten umzuwandeln, anders auf eine Krise zu schauen und Kreativität zu entwickeln. „Leiden verkürzen und Lernen maximieren“, ist bei der Krisenbewältigung Boris Thomas zentrale Frage. Jeder hat seinen Job und er, sagte er, sei scheinbar dafür gemacht, ein Stück weit ein neues Denken zu produzieren und anderen auf die Füße zu treten. Thomas glaubt daran, dass eine Krise die Aufforderung ist, den Schritt nach innen zu wagen und sich auf seine Wurzeln zu besinnen. „Denn bei aller Liebe“, stellte er fest, „der Korridor, in dem man das Leben und Mitmenschen ändert, ist ziemlich schmal.“ Wo und wie bitte geht es zum Paradies? Das ist eine der wichtigen Fragen der Menschheit, auch von Boris Thomas. Er aber tickt anders als die meisten, kämpft mit Leidenschaft und brennendem Herzen, jeden Tag aufs Neue. Wohlwissend, dass es andere anders sehen und das Leben nicht nur aus Schwarz und Weiß, sondern aus vielen unterschiedlichen Graustufen besteht. Sein Rat ist, Graustufen und Eventualitäten zu feiern. Seine Ideen provozieren, er ist anstrengend, aber immer respektvoll, kämpft leidenschaftlich und ist reflektiert.

    Sabine von der Decken
    Sabine von der Decken
    Geboren 1957 in Nordrhein-Westfalen, Studium der Diplom-Biologie in Bremen und Oldenburg. Seit mehr als 20 Jahren freie Mitarbeiterin Weser Kurier Bremen, arbeitet zudem für Fachmagazine wie Land und Forst und Gartenbauprofi.
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