Bürgerbus Sottrum – Ein Erfolgsmodell?

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    „Wir sind das Pünktlichste, was es in der Samtgemeinde gibt“, sagt Ulrich Thiart. Der 73-Jährige muss es wissen: Er ist der Vorsitzende des Trägervereins, der das ehrenamtliche Nahverkehrsangebot in den sieben Mitgliedsgemeinden organisiert. 40 Mitglieder zählt der Bürgerbus Samtgemeinde Sottrum e.V. Er ist einer von sieben Bürgerbus-Vereinen im Landkreis Rotenburg. Ganze 22 sind es im Gebiet des Verkehrsverbundes Bremen/Niedersachsen (VBN).

    An die Initialzündung erinnert Thiart sich noch ganz genau. Es war das Gespräch mit einer alten Dame aus Stapel, die nicht mehr wusste, wie sie für Besorgungen oder zum Arztbesuch nach Sottrum kommen sollte. 2007 begann Thiart, im Samtgemeinderat für die Einrichtung des Bürgerbusses zu kämpfen. „Der Anfang war zäh“, sagt er rückblickend. Aber die Widerstände wurden überwunden, seit 2010 rollt der achtsitzige Kleinbus durch die Samtgemeinde. Heute verbindet er in mehreren Schleifen viermal pro Werktag Dörfer und Zentrum – zweimal vormittags, zweimal nachmittags. Der Bahnhof, Anschlussstelle für den Metronom nach Bremen oder Rotenburg, wird sogar achtmal angefahren. 600 bis 700 Fahrgäste pro Monat nutzen derzeit das Angebot – hauptsächlich Senioren, aber auch Pendler, Jugendliche, Geflüchtete. Und obwohl alle Fahrer ihren Dienst ehrenamtlich leisten, kann die Zuverlässigkeit des Bürger-ÖPNVs sich sehen lassen: In neun Jahren ist der Bus nur fünfmal ausgefallen. Ein Erfolgsmodell? „Auf jeden Fall“, sagt Thiart.

    Für den reibungslosen Ablauf sorgt die Fahrdienstleitung um Rainer Bachmann, Werner Döscher und Wilfried Wolters. Sie können auf einen Pool von 18 Fahrern und drei Fahrerinnen zurückgreifen. „Das ist komfortabel“, meint er. „Allerdings werden wir im Herbst sechs davon verlieren.“ Grund für den absehbaren Mitarbeiterschwund ist der Personenbeförderungsschein, der alle fünf Jahre erneuert werden muss – eine günstige Gelegenheit, um auszusteigen. „Schließlich sind die meisten unserer Fahrer selbst im Rentenalter.“ Kampflos zum VBN-Ticket. So wie Richard Skarat, 65, aus Reeßum. Seit zwei Jahren sitzt er regelmäßig hinter dem Lenkrad des rotweißen Kleinbusses. Vorher lebte er mit seiner Frau im Frankfurter Raum. Das Ehrenamt in der neuen Wahlheimat – für ihn die ideale Art und Weise, Menschen kennenzulernen. „Das sind alles nette Kollegen. Es macht Spaß, sich untereinander auszutauschen“, sagt Skarat. „Dafür gibt es zum Beispiel einmal im Monat den Fahrerstammtisch.“

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    Rund 40 Haltestellen gilt es auf jeder Schicht zu bedienen. Heute hat Skarat bereits eine Runde gedreht und dabei elf Leute von A nach B gebracht. Jetzt, um 9.52 Uhr, startet er an der Sottrumer Kirche zur 25-minütigen Schleife durch Reeßum, Taaken, Stapel, Winkeldorf und Horstedt. Trödeln darf er dabei nicht, sonst wird es auf der nächsten Etappe knapp mit den Anschlüssen am Bahnhof. Dementsprechend spritzig fällt die Reise mit der Linie 852 aus. Sankt Georg wäre von der Kurvenlage des Achtsitzers sicher angetan. Zumal die 140 Pferdestärken sein silbernes Ross wohl eher blass hätten aussehen lassen – goldene Hufe hin oder her. Und was hätte der Drachentöter erst zum Flachbildschirm gesagt, der über Streckenverlauf, Verein und Sponsoren informiert? Gut möglich, dass Georg vor lauter Begeisterung gleich ein VBN-Ticket zur Weiterfahrt nach Bremen gelöst hätte. Das hätte ihm auf jeden Fall den Kampf mit dem Automaten am Bahnhof erspart – der, wie jedermann weiß, den gemeinen Lindwurm an Verschlagenheit locker übertrifft. 80.000 Kilometer legt der barrierefreie Flitzer, der in Deutschland gekauft und von einer österreichischen Firma in Slowenien umgebaut wurde, jedes Jahr auf seinen Runden durch die Samtgemeinde zurück, bevor er nach fünf Jahren mit 400.000 Kilometern auf dem Tacho in Frührente geht. Das heißt: Die Sottrumer bekommen im kommenden Jahr ihr drittes Neufahrzeug. Manche nennen ihn ein „Luxusprojekt“. Regelmäßige Nutzer schätzen seine Qualitäten als rollende Nachrichtenbörse. Fakt ist: Seit vier Jahren fährt der Bürgerbus ohne Zuschuss der Samtgemeinde. Ganz ohne Subventionen geht es aber nicht. Mit etwa einem Euro pro Fahrt wird jedes Ticket bezuschusst – Geld, das Landkreis und Sponsoren zur Verfügung stellen. Und dann sind da noch 2500 Euro, die der ZVBN dieses Jahr in den Bürgerbus investiert, um die Vereine bei der Fahrergewinnung und Fahrermotivation zu unterstützen.

    All das zeigt, dass das ehrenamtlich organisierte Angebot eine wichtige Lücke im öffentlichen Personennahverkehr schließt. Trotzdem müssen die Vereine viele Herausforderungen selbst meistern, „obwohl wir keine professionellen Verkehrsplaner sind“, wie Thiart und Wolters betonen. Vor allem die Anschlüsse an die umgebenden Verkehrsnetze sind eine diffizile Angelegenheit. Umso mehr genießen die Aktiven den Austausch mit den anderen Bürgerbus-Vereinen der Region – zum Beispiel bei den jährlichen Kohl- und Pinkelfahrten. Thiart: „So viele vernünftige, engagierte Leute trifft man selten.“ Und Sankt Georg? Der liebäugelt mit dem Ruhestand – jetzt, wo Drachen langsam knapp werden und die goldene Rüstung immer mehr auf die Gelenke geht. Fürs Gemeinwohl könnte man sich schließlich auch ohne Lanze engagieren… Die Kontaktdaten für den ehrenamtlichen Fahrernachwuchs in der Samtgemeinde Sottrum hat er sich auf jeden Fall schon mal notiert: Werner Döscher, 04264/2750 oder 0152/55335679.„Wir sind das Pünktlichste, was es in der Samtgemeinde gibt“, sagt Ulrich Thiart. Der 73-Jährige muss es wissen: Er ist der Vorsitzende des Trägervereins, der das ehrenamtliche Nahverkehrsangebot in den sieben Mitgliedsgemeinden organisiert. 40 Mitglieder zählt der Bürgerbus Samtgemeinde Sottrum e.V. Er ist einer von sieben Bürgerbus-Vereinen im Landkreis Rotenburg. Ganze 22 sind es im Gebiet des Verkehrsverbundes Bremen/Niedersachsen (VBN).

    Annette Freudling
    Annette Freudlinghttps://www.annette-freudling.de
    Studierte Kulturwissenschaften, Anglistik und Germanistik in Bremen. Lokaljournalistin, Redakteurin und Autorin. Privat verortet zwischen Kammerchor, Katzenhaar und Kneipenquiz. Geschichten mag sie am liebsten ohne Bart. Ansonsten findet sie Bärte aber ganz okay.
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