Scheeßeler Unternehmerinnen zeige Flagge

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    Scheeßel. Die 40 bunten Wimpel am Fahrgeschäft auf der Kirmes, das Konterfei des Brautpaares als XXL-Banner oder ganz klassisch die Länderflaggen am Bug und Heck der „großen Pötte“, vom Container- bis zum Kreuzfahrtschiff: Manchmal staunt Kirstin Knispel beim Googeln selbst, wo die bei ihr bestellte Ware landet. In alle Welt werden die bunten Stoffe mit der großen Außenwirkung vom Firmensitz von Maris Flaggen in Scheeßel geschickt. Und mit dem Firmennamen zeigt auch die Betreiberin des kleinen, aber fein international aufgestellten Unternehmens Flagge – für mehr Außenwirkung, aber auch für Unternehmergeist starker Unternehmerfrauen in der nunmehr dritten Generation.
    Was 1979 mit dem elterlichen Betrieb anfing – das Ehepaar Fritz und Waltraut Wahlers nutzte für die neue Geschäftsidee die vorhandenen Kontakte des Vaters in der Schifffahrtsbranche – ist längst so viel mehr als die Bestückung ausschließlich maritimer Gefährte. Immer individueller ist die Branche geworden, seit Kirstin Knispel im Jahr 2000 den Betrieb von ihren Eltern übernahm, immer vielfältiger die Einsatzmöglichkeiten: Vom Bauzaunbanner für die Firmenwerbung über Tischwimpel zur Einstimmung der Gäste beim Vereinsempfang bis zum von Werbeagenturen geschätzten Hingucker reicht das Angebot. Kein Wunder, dass Beratung großgeschrieben und von den Kunden geschätzt wird. Nicht nur zu den Einsatzmöglichkeiten, sondern auch zur richtigen Anbringung, zu Zubehör und Qualität – ebenso hat sich bei den verfügbaren Stoffen in den letzten Jahrzehnten eine Menge getan. Und auch in Sachen Lieferung hat sich manches geändert, seit den Anfängen des Unternehmens in der heimischen Garage: Bekam früher der Schaffner am nahegelegenen Bahnhof bei der Durchfahrt durch den kleinen Ort ein Paket für Hamburg oder Bremen in die Hand gedrückt, wird heute schon mal ein Kurier aus Wilhelmshaven geschickt, um die Länderflagge vor dem Auslaufen über den Ärmelkanal „just in time“ an Bord zu bringen.

    Neben Beratung und Qualität sind es eben auch Schnelligkeit und Verlässlichkeit, was für die Kunden zählt. Die Mutter zweier erwachsener Töchter weiß: „Wenn das Schiff mangels Flagge nicht auslaufen kann, wird das unter Umständen schon wegen der Liegegebühren ganz schnell ganz teuer!“ Da lässt es sich der Kunde schon mal einen dreistelligen Betrag kosten, um die Handelsflagge im Wert von wenigen Euro aus dem Lager im Beekeort per Taxi anliefern zu lassen. Ein schneller Service ist Trumpf: Wenn ein Anruf eingeht, ist eine gängige Flagge (vorgehalten werden um die 200 Länder in den Standardmaßen) wenn nötig innerhalb einer halben Stunde auf den Weg gebracht. Und das gern in gebrauchten Kartons umliegender Gewerbetreibender – der Nachhaltigkeit zuliebe. Bis sich der Recyclinggedanke herumgesprochen hatte, führte das bei einigen Kunden zu kuriosen Reaktionen: „Einer schickte die vermeintlich falsche Sendung zurück – ‚Butterkekse hatten wir nicht bestellt‘“, hieß es, andernorts weckten die Kartons mit dem Objekt gerade der weiblichen Begierde Begehrlichkeiten: „Die haben vermutet, wir müssten sehr reich sein, weil ich so viele Schuhe bestelle“, lacht die 57-Jährige.

    Zum elterlichen Betrieb kam Knispel „wie die Jungfrau zum Kinde“. Genauer gesagt, durch das der Schwester. Die hatte eigentlich den Betrieb übernehmen wollen. Als sie schwanger wurde, sprang Knispel ein – der Schwester gefiel die Rolle der Mutter, ihr selbst die der Unternehmerin. Bis dahin hatte sie schon Erfahrungen in allen möglichen Bereichen gesammelt: An die Lehre in einer Baumschule schloss sich, eigentlich zur Überbrückung der Wartezeit auf einen Studienplatz, eine kaufmännische Lehre an. Aus einem geplanten Urlaub auf Zypern, wohin sie den Vater beim Kundenbesuch begleitete, wurde ein einjähriger Job in der Schifffahrtsbranche; beim Dolmetschen auf einer Messe warb eine norwegische Bank sie ab. Heute kann und will sich Knispel kein anderes Leben mehr vorstellen, als ihre eigene Chefin zu sein: Selbstbestimmt zu arbeiten, frei oder Urlaub zu machen, wenn man es möchte – auch wenn das in der Realität eher selten vorkommt: „Die Freiheit des Kopfes“, wie sie es nennt, macht den Unterschied. Der Kick? „Leistung wird belohnt – wenn du dich richtig reinhängst, belohnt dich der Erfolg.“ Dabei sind es nicht nur Spezialaufträge, die im Gedächtnis hängen bleiben – die Bestückung eines 18 Meter hohen Fahnenmasts im Freizeitpark für das Guinnessbuch der Rekorde oder die Lieferung an ein Luxusresort im Kongo –, sondern vielmehr die täglichen Kundengespräche, der Alltag mit Herz, Headset und Verhandlungsgeschick.

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    Der Unternehmergeist ist der Scheeßlerin wohl in die Wiege gelegt worden – und sie hat diese Gene an die nächste Generation weitergegeben. Tochter Magdalena (27) steht mit ihrem Kosmetikstudio längst auf eigenen Beinen; die 26-jährige Sophie tritt in die Fußstapfen der Mutter und startet nach einjähriger Einarbeitung demnächst das Projekt „Familien-unternehmen 3.0.“ Auch sie hat bereits Erfahrungen mit einem eigenen Business gemacht: Die gelernte Tierpflegerin hat eine eigene Reihe pflanzlicher Nahrungsergänzungsmittel für Tiergesundheit entwickelt und vertrieben. Ein Problem, loszulassen und in die zweite Reihe zurückzutreten, hat Mutter Kiki nicht: „Sophie ist so viel strukturierter als ich und sehr klar in dem, wie es laufen soll.“ Sie selbst möchte in drei bis vier Jahren nicht unbedingt aufhören, aber kürzer treten, Verantwortung abgeben. In der Branche wird ihr das vorgelebt: „Viele meiner Kunden sind noch bis in ihre 70er beruflich aktiv – einfach, weil es Spaß macht und man das unternehmerische Denken nicht von einem auf den anderen Tag ablegt.“ Und dann ist da auch noch der jüngste Familienzuwachs: Sophies Töchterchen Helen, gerade mal wenige Wochen alt – und vielleicht irgendwann Generation 4.0.

    Jan-Patrick Neumann
    Jan-Patrick Neumann
    Geschichte(n) schreiben: Nach einiger Zeit wieder zurück im hohen Norden, brennt der bekennende Verfechter des Lokaljournalismus für alles, was das Leben reicher macht: Kultur, Musik, spannende Regionalthemen und Menschen, die Geschichten zu erzählen haben – kleine wie große.
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