Tister Bauernmoor: Ein Naturjuwel zum Erkunden und Genießen”

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    Tiste. Das Moor hat die Menschen seit jeher beschäftigt. Ob es um die Urbarmachung zu Zwecken landwirtschaftlicher Nutzung , um Funde von Moorleichen oder über viele Jahrtausende konservierte Mooreichen ging: Das Thema Moor sorgte schon in früheren Zeiten für Gesprächsstoff. So manche Sagen und Mythen entstanden, die den Menschen nicht selten auch unheimlich waren und Angst machten. Auch rund um das Tister Bauernmoor gab es sicher solche Geschichten, die in der Region von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Seit 2000 ist das Areal EU-Vogelschutzgebiet. Ein Jahr später wurde es unter Naturschutz gestellt. Der Landkreis Rotenburg entwickelte in der Folge ein in dieser Form wohl einzigartiges Natur-Erlebnisprojekt, das mit Unterstützung des Landes Niedersachsen und mit Mitteln der Europäischen Union realisiert wurde. Inzwischen hat das Projekt weit über die Grenzen des Landkreises hinweg Bekanntheit erlangt.

    Die Geschichte des Moores selbst reicht Jahrtausende zurück, denn Moor wächst sehr langsam. Erheblich jünger ist die Rolle des Menschen, der irgendwann begann, die Vorteile des Moores für sich zu entdecken und zu nutzen. Heute würden sich Experten allein schon mit Blick auf den Klimaschutz und die Artenvielfalt wünschen, dass die Nutzung solch wertvoller Naturräume in zum Teil intensiver Art und Weise lieber unterblieben wäre. Aber ökologisch bedeutsame Regionen haben oft eben auch ihre ökonomischen Werte. Und so startete im Jahre 1931 im Tister Bauernmoor der Abbau von Torf in gewerblichem Ausmaß. Dabei bekamen örtliche Haushalte für den eigenen Bedarf ihr Moorteil zugewiesen oder die Menschen lebten von ihrer Arbeit im Torfwerk. Mensch und Moor standen in der Region spätestens seit dieser Zeit über viele Jahre also in enger Verbindung zueinander. Und so ist es auch ein Stück Regionalgeschichte, das der Nachwelt erhalten und auf spannende Art zugänglich gemacht werden soll. Auch dazu dient das geschaffene Natur-Erlebnisprojekt. Bereits in den 1980er Jahren begann der Landkreis Rotenburg, große Flächen des Moores zu kaufen, um es unter Schutz stellen zu können. Im Jahre 1999 liefen schließlich auch die Genehmigungen zum Torfabbau aus. Der Weg war frei, in diesem Bereich andere Wege zu beschreiten. Es folgte kurze Zeit darauf die Ausweisung als Naturschutzgebiet mit allen rechtlichen Konsequenzen eines solchen Status. Auf 570 Hektar erstreckt sich das Gebiet. Mit benachbarten Mooren besteht eine Vernetzung, die für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten von existenzieller Bedeutung ist. Auch das etwas größere Ekelmoor ist Naturschutzgebiet. Das östlich gelegene Avensener sowie das Everstorfer Moor gehören ebenfalls zum geschützten Hochmoor-Komplex Ekelmoor.

    Geprägt sind diese Bereiche von einer Reihe spezialisierter Pflanzen und Tiere, die auf die spezifischen Gegebenheiten der Moore angewiesen sind. Darunter sind auch zahlreiche Arten, die auf der Roten Liste zu finden sind. Die Kreuzotter ist eine typische Schlange, die im Moor vorkommt. Sie ist eine der wenigen Arten europaweit, die Giftzähne besitzt. Auch Ringelnatter, Blindschleiche und verschiedene Eidechsen haben ihre Heimat im Tister Bauernmoor. In Zeiten, in denen Insekten immer seltener werden, freuen sich Fachleute sehr über einige seltene Libellenarten, die in den von Wasserflächen durchsetzten Flächen heimisch sind. Libellen brauchen Wasser zur Fortpflanzung, denn der Nachwuchs der Flugkünstler lebt nach dem Schlupf aus dem Ei die erste Zeit unter Wasser und wird erst später im Rahmen einer Metamorphose zum Fluginsekt. Von besonderer Bedeutung sind die geschützten Moorareale auch für zahlreiche Vogelarten. Einige davon verweilen dauerhaft in diesem Lebensraum, andere sind im Rahmen ihrer Züge in Winterquartiere und wieder zurück regelmäßig zu Gast, um Kraft zu tanken und sich für den Weiterzug zu stärken. Mit Rohrweihe, Seeadler, Löffelente, Zwerg- und Singschwan oder Krickente sind auch Arten darunter, die man sonst eher selten zu Gesicht bekommt. Viele Menschen haben in ihrem Leben wahrscheinlich auch noch nie eine Fleisch fressende Pflanze näher betrachten können: In einigen Arealen des Tister Moores gedeiht der Sonnentau, eine Pflanze, die ausgesprochen anspruchsvoll ist, was ihren Standort betrifft. Wegen des für andere Pflanzen eher lebensfeindlichen Bodens und der näheren Umgebung verschafft sich der Sonnentau Nahrung in Form von Insekten, die er mittels einer Vielzahl von kleinen Tentakeln fängt, an deren Enden eine zähe, klebrige Flüssigkeit sitzt. Fliegen und andere kleine Tiere, die damit in Berührung kommen, werden festgehalten. Auch Torfmoos und verschiedene Heide-Arten sind Spezialisten, die das Moor mit seinen sauren, feuchten und in der Regel nährstoffarmen Böden brauchen, um existieren zu können. Auch bestimmte Gräser und Sträucher sind typisch für die Vegetation, die sich über Jahrtausende an die Gegebenheiten angepasst haben.

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    Bewusst haben sich die Planer des Natur-Erlebnisprojekts seinerzeit dazu entschieden, keinen öffentlichen Weg durch Tister Bauernmoor und Ekelmoor anzulegen. Ein Widerspruch in sich? Nein, denn es wurden andere Möglichkeiten gefunden, Besuchern die Natur eindrucksvoll nahe zu bringen, ohne die Bewohner der sensiblen Hochmoorfläche zu beeinträchtigen. Die Mitglieder des bei der Realisierung des Vorhabens gegründeten Vereins Moorbahn Burgsittensen sorgen mit alten Schienenfahrzeugen dafür, dass Besucher spannende Bereiche des riesigen Gebiets erreichen können und interessante Einblicke erhalten. Seitens der Kreisverwaltung wird das Tister Bauernmoor vom Kreisflächenmanagement betreut. Tobias Volk, Fachbereichsleiter Landschaftspflege, ist mit seinen Mitarbeitern dafür zuständig. Pflegerische Maßnahmen, so der studierte Landespfleger, müssten in geschützten Bereichen oft erheblich intensiver geplant werden als bei anderen Flächen im Kreisgebiet: „Tister Bauernmoor und Ekelmoor sind wirklich sehr sensible Bereiche.“ Aus diesem Grunde würden auch nur pflegerische Arbeiten vorgenommen, die absolut notwendig sind.

    Bei Heideflächen beispielsweise müsse Verbuschung vermieden werden, damit die typischen Arten den Lebensraum behalten, den sie benötigen. Auch beim Thema Vogelschutz seien solche Überlegungen von hohem Stellenwert und großer Bedeutung. Einen besonderen Reiz an dem Natur-Erlebnisprojekt sieht Tobias Volk darin, dass das große Areal am Rande sanft in eine extensiv genutzte Kulturlandschaft eingebettet ist. Von den weniger geschützten Randbereichen setze es sich dann zur Kernzone hin zu stark schutzbedürftigen Bereichen fort, zu denen Besucher auch keinen Zugang haben.

    Zwei Türme am Ende des Hauptweges allerdings sind eigens dafür errichtet worden, dass Besucher sich einen spannenden Überblick verschaffen können. Naturfreunde wie professionelle Ornithologen nutzen die Türme gleichermaßen zu Beobachtungen. Speziell zum Vogelzug von Oktober bis Dezember ist man selten allein auf den Plattformen.

    Fotos: Arne von Brill

    Frank Kalff
    Frank Kalff
    Frank Kalff schreibt seit 2018 für die STARK.
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